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Um Einkorn erfolgreich nutzen zu können, sollte man auf eine Sorte setzen, die einen sicheren Ertrag liefert.
© Universität Hohenheim / Dorothee Barsch
Branche aktuell

Urgetreide unter der Lupe

Die Universität Hohenheim hat jetzt den vermutlich weltgrößten Urgetreide-Versuch abgeschlossen. Prof. Dr. Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt der Uni testete zusammen mit seinem Team 148 Einkorn-Sorten an mehreren Anbauorten auf ihre Eigenschaften auf dem Feld, in der Mühle und in der Bäckerei.

Anbau und Verarbeitung von Urgetreide erfordern ein gewisses Know-how. In einem groß angelegten, rund zehn Jahre dauernden Urgetreide-Versuch mit Dinkel, Emmer und Einkorn wurde dies nun auch abschließend für Einkorn bestätigt.  „Dabei konnten wir in der Feldleistung ebenso wie beim Mahlen und Backen enorme Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten feststellen. Wer Einkorn erfolgreich nutzen möchte, sollte auf eine Sorte setzen, die einen sicheren Ertrag liefert und beim Backen auf handwerkliches Können zurückgreifen“, fasst der Experte seine Ergebnisse zusammen. Nachzulesen sind sie im Detail hier. Einkorn ist eine der ältesten Getreidearten und gehört, wie Emmer und Dinkel, botanisch zur großen Familie der Weizen. Im Laufe der Zeit verlor das Getreide immer mehr an Bedeutung und wird heute weltweit nur noch in einem sehr geringen Umfang angebaut. Aber die Nachfrage nach urigen Produkten und Alternativen zu Weizen steigt.

 

Vermutlich weltgrößter Einkorn-Versuch

Deswegen startete die Landessaatgutanstalt der Universität Hohenheim zusammen mit der Strube Research GmbH & Co. KG und dem Detmolder Institut für Getreide- und Fettanalytik (DIGeFa) ein für Einkorn einmalig großes Forschungsprojekt. Aus verschiedenen Genbanken trugen die Forschenden die verfügbaren Sorten zusammen. Mit mehreren Dutzend auf dem Markt erhältlichen Einkorn-Neuzüchtungen wurden somit insgesamt 148 Einkornsorten ausgewählt, die an bis zu fünf unterschiedlichen Standorten im Feld und im Qualitätslabor getestet wurden. Als Vergleich dienten zwei Weizensorten. Dabei wurden insgesamt über 100 Merkmale jeder Sorte untersucht. Die Forschenden konnten eine große Schwankungsbreite zwischen den einzelnen Sorten bei allen getesteten Merkmalen feststellen. „Wir fanden in den Genbanken Sorten mit sehr unterschiedlichen Merkmalen“, so Prof. Dr. Longin. „Durch Selektion und Züchtung kann man mit relativ wenig Aufwand das Anbaurisiko und die Ertragssicherheit verbessern und somit die Wettbewerbsfähigkeit von Einkorn erhöhen.“

 

Lieber nur mischen und wenig kneten

Um die Backeigenschaften von Einkorn-Mehl testen und vergleichen zu können, entwickelte die DIGeFa zunächst einen Standard-Mahl- und -backversuch, der speziell auf die Eigenschaften von Einkorn zugeschnitten wurde. „Auch bei der Backqualität konnten wir eine große Variationsbreite zwischen den Einkornsorten feststellen“, beschreibt Prof. Dr. Longin. „Es gibt einige wenige Sorten, die sehr gute Teig- und Backeigenschaften aufweisen. Leider sind diese aber sowohl im Ertrag wie in der Standfestigkeit auf dem Feld schlecht.“ Und eine verbesserte Agronomie sei aktuell wichtiger in der Wertschöpfungskette als Backqualität, weil selbst die beste Qualität beim Einkorn immer noch deutlich anders sei als bei Weizen oder Dinkel. Allerdings lassen sich aus den Versuchen wichtige Erkenntnisse für die Backpraxis ableiten: „Wir können erste Erfahrungen aus der Praxis bestätigen, dass die Rezeptur angepasst werden muss, wenn man Brot oder Brötchen mit einem hohen Einkorn-Anteil herstellen will“, so Prof. Dr. Longin. „Diese Teige sind noch empfindlicher als Teige auf Dinkel-Basis, wenn sie zu stark und zu lange geknetet werden. Lieber nur mischen und wenig kneten“, so das Fazit des Experten: „Zudem steigern eine lange Teigführung mit vielen Ruhezeiten, eine Reduktion der Hefemenge, die Nutzung von Quell- oder Brühstücken sowie die Arbeit mit Vorteigen oder Sauerteigen die Backqualität erheblich“, fährt der Wissenschaftler fort. „Wenn dies beachtet wird, kann man schöne Gebäcke mit tollem Geschmack und langer Frischhaltung erzielen.“ Dafür bieten sich Brottypen wie urige Wurzeln oder klassische Vollkornbrote in Kastenform an. Alternativ eignet sich Einkorn wegen seiner gelben Mehl-Farbe und dem attraktiv nussigen Geschmack sehr für Waffeln, Kekse, Obstschnitten und weiteres Süßgebäck.

 

Backbücher von Prof. Dr. Friedrich Longin

Zwei Backbücher von Prof. Dr. Longin beschäftigen sich mit dem Backen auch mit Urgetreide und dessen Effekten auf die Gesundheit. Sie stehen zum kostenlosen Download bereit:  „Mein Brot. Einfach. Gut.“ vermittelt allen Interessierten, wie man ganz einfach gutes Brot und Brötchen backen kann und „Gesund & Lecker — Brot. Selber. Backen. Keine Angst vor Weizen, Brot & Vollkorn“ will die Angst vor Weizen und Brot nehmen und gleichzeitig undogmatisch aber lecker an mehr Vollkorn heranführen.

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