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Nils Vogt
© ZV/GettyImages
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Ein Weg aus der Azubi-Krise

„Wir sind auf die Einwanderung angewiesen“, sagt Nils Vogt, ZV-Referent für Berufsbildung und Fachkräftesicherung. Er zeigt einen Weg aus der Nachwuchs- und Fachkräftekrise auf.

Dabei ist auch dieser nicht immer leicht.
Kaum ein Bäckereiunternehmen in Deutschland leidet gegenwärtig nicht unter einem Mangel an Mitarbeitern. Doch es gibt Wege aus dieser Krise; sie führen z. B. über das Mittelmeer bis nach Ägypten, Marokko oder Tunesien.
Das Projekt „Unterstützung regulärer Arbeitsmigration und -mobilität zwischen Nordafrika und Europa“ (THAMM) entwickelt Wege der sicheren und fairen Arbeitsmigration für Auszubildende und Fachkräfte aus Ägypten, Marokko und Tunesien und vermittelt sie an Betriebe in Deutschland. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) setzt das Projekt THAMM um und kooperiert dabei mit der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Natürlich steht die Zusammenarbeit mit dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks für die Bäckereiauszubildenden und die deutschen Betriebe im Vordergrund. Nils Vogt, Referent für Berufsbildung und Fachkräftesicherung beim ZV, ist hier verantwortlich. Ein Vorteil für die Betriebe liegt auf der Hand: Mit dem ZV und den offiziellen Ansprechpartnern, wie GIZ und BA, steht das Projekt auf kompetenten Füßen.

Kurzinterview mit Nils Vogt

Welche positiven Auswirkungen kann das Projekt auf das Bäckerhandwerk haben?

Der demografische Wandel ist in Deutschland längst angekommen. Probleme bei der Stellenbesetzung sind für viele Bäcker bereits zur Regel geworden. Die Zahl der unbesetzten Stellen im Bäckerhandwerk nimmt zu, inzwischen fehlen Fachkräfte in einem Umfang, der das Wachstum erheblich bremst. In den kommenden Jahren werden die geburtenstarken Jahrgänge peu à peu das Rentenalter erreichen. Wir dürfen demnach nichts unversucht lassen, müssen als Branche kreativ werden und neue Wege gehen. Zur Deckung des Fachkräftebedarfs ist Deutschland auf Einwanderung angewiesen. Dazu gehört auch die gezielte Zuwanderung. Gerade die kleinen und mittleren Bäckereien brauchen passgenaue Unterstützungsangebote, damit das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch für sie zur Chance werden kann.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie bzw. welche Hürden gilt es für Betriebe, die am THAMM-Projekt teilnehmen, zu meistern?

Eine Projektbeteiligung setzt voraus, dass teilnehmende Betriebe, die gemäß Fachkräfte-einwanderungsgesetz vorgegebene Ausbildungsvergütung von mindestens 939 Euro zahlen und bei der Suche nach geeignetem Wohnraum unterstützen. Und auch die Übernahme der Kosten für den Flug von Ägypten nach Deutschland und der weiteren Anreise vom Ankunftsflughafen in Deutschland zum Arbeitsort sind von den teilnehmenden Betrieben zu zahlen. Ich bin sehr froh, dass die Stiftung Brot gegen Not uns bei diesem Projekt sehr großzügig mit 50.000 Euro unterstützt. Die von der Stiftung zur Verfügung gestellten Mittel können von teilnehmenden Betrieben für Ausgaben abgerufen werden, die mit dem Projekt in Verbindung stehen und den Auszubildenden zugutekommen. Die Förderung der Stiftung kann beispielsweise für die Anreisekosten, Fortbildungskosten oder einen Mietzuschuss eingesetzt werden. Aber auch der fehlende direkte Kontakt zwischen Betrieben und potenziellen Auszubildenden ist definitiv eine besondere Herausforderung. Schließlich sind Praktika im Vorfeld kaum möglich. Die virtuellen Vorstellungsgespräche funktionierten auch dank der anwesenden Dolmetscherin in den meisten Fällen erstaunlich gut. Alle teilnehmenden Betriebe und Auszubildende haben auf diese Weise zueinander gefunden. Die soziale Integration der Auszubildenden darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Es reicht nicht aus, sie einfliegen zu lassen, ihnen eine Unterkunft zu besorgen und sie dann einfach sich selbst zu überlassen. Die Auszubildenden haben ihre Heimat für eine Ausbildung in Deutschland verlassen, um ihre Träume zu verwirklichen, müssen sich zunächst aber in einer komplett fremden Kultur zurechtfinden und dabei benötigen sie Anschluss und Unterstützung.

 

Noch steht das Projekt am Anfang. Doch gibt es bereits jetzt „Learnings“ von denen Sie berichten können?

Die Einwanderung zur Ausbildung birgt viele Herausforderungen, da werden die nächsten Wochen noch spannend. Damit die Einwanderung nachhaltig gelingen kann, ist ein Unterstützungssystem in der Fläche erforderlich. Das Projekt unterstützt und begleitet den gesamten Vermittlungsprozess. Von der Rekrutierung in den Herkunftsländern, über die sprachliche und interkulturelle Vorbereitung und den Visumsprozess bis hin zur Einreise koordiniert das THAMM-Team der GIZ und der Bundesagentur für Arbeit sämtliche Aktivitäten. Und auch nach der Einreise werden die Auszubildenden durch das Projekt weiter betreut. Das ist ein sehr umfangreicher und professioneller Service, der unseren Betrieben angeboten wird. Ohne diese Unterstützung müssten die Unternehmen enorme Ressourcen aufbringen, was für viele Bäcker sehr schwierig sein dürfte. Insbesondere für kleine und mittlere Betriebe sollte auf politischer Ebene über passgenaue Förder- und Finanzierungsinstrumente nachgedacht werden, damit die gezielte Einwanderung zur Ausbildung auch in kleineren Betrieben eine Chance hat.

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