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Die schwache Brotgetreideernte sorgt für Diskussionsstoff.
© VDM/Bundesmühlenkontor GmbH
Allgemein

Ernte als „Lotteriespiel“?

Der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft ist angesichts der sich abzeichnenden schwachen Ernte 2023 unzufrieden mit den staatlicherseits vorgegebenen Rahmenbedingungen.

Die Qualitätsermittlung der diesjährigen Ernte ist noch nicht abgeschlossen, aber schon ist klar, dass die Ernteergebnisse für die Müllerei wenig erfreulich sind. „Die Speicher sind zwar gefüllt, wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in seinem Erntebericht richtig sagt, ein viel zu großer Teil davon taugt aber nur als Futtergetreide. Für die Mühlen wird es in diesem Jahr sehr herausfordernd, passende Partien zu identifizieren und zu beschaffen, um ihren Kunden – den Bäckern und der Lebensmittelindustrie – passgenaue Mehle für das tägliche Brot und viele andere Lebensmittel liefern zu können“ warnt der Verband in einer aktuellen Stellungnahme.

„Dabei hat nicht nur der Regen in vielen Regionen zu Qualitätsproblemen beim Brotgetreide geführt. Die politischen Rahmenbedingungen haben einen mindestens ebenso großen Einfluss auf die Qualität der Brotgetreideernte: Maßgeblicher Grund für die deutlich gesunkenen Proteingehalte im Weizen sind die starren Vorgaben der Düngeverordnung. ‚Qualitätsgetreide ‚made in Germany‘ steht auf dem Spiel und damit die regionale Versorgungs- und Ernährungssicherung“ sagt Peter Haarbeck, Geschäftsführer des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS in Berlin.

 

Flexible Rahmenbedingungen gefordert

Die Vorstellung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, die heimische Landwirtschaft von synthetischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln unabhängiger zu machen und so vom volatilen Weltmarkt abzukoppeln, stuft der Verband als „kontraproduktiv“ ein. „Im weitgehend deregulierten Getreidemarkt werden die Preise für Getreide an den Börsen weltweit gemacht, dabei spielen die Kosten im Ackerbau so gut wie keine Rolle. Die Extensivierung des Getreidebaus in Deutschland führt im Gegenteil zu einem größeren Importbedarf und zu mehr Abhängigkeit vom Weltmarkt.“ Und: „Eine gute Getreideernte ist der beste Weg, die Ernährungsversorgung krisenfest zu machen. Die Mühlen setzen darauf, sich auch in den nächsten Jahrzehnten aus der heimischen Landwirtschaft zu versorgen. Sie sind nicht daran interessiert, am Weltmarkt einkaufen zu müssen.“

Auch die Idee der Bundesregierung, Backweizenqualität neu zu denken und mit weniger Protein zu backen, komme in der Praxis rasch an Grenzen. Dazu Haarbeck: „Die Vorstellung, Backqualität vermehrt über Sorten zu regeln, ist nicht einfach erfüllbar. Auch die Getreidesorten, die mit niedrigeren Proteingehalten dennoch gute Backeigenschaften aufweisen, müssen ausreichend gedüngt und konsequent gesund erhalten werden. Zudem ist eine sortenreine Erfassung vom Getreidehandel insbesondere bei so chaotischen Ernten wie heuer nicht leistbar.“

Die Unternehmer, so der VGMS,  bräuchten vielmehr flexible Vorgaben und Rahmenbedingungen, um die Getreidewertschöpfungskette krisen- und klimafest zu machen: „Lösungen vorgeben ist keine Lösung! Sonst bleibt die Ernte ein staatliches Lotteriespiel!“ Im VGMS sind 575 Unternehmen organisiert, von mittelständischen, familiengeführten Unternehmen bis hin zu großen internationalen Konzernen. In den Betrieben werden rund 15 Mio. Tonnen landwirtschaftlicher Rohstoffe verarbeitet, u.a. Weizen, Roggen, Hafer, Hartweizen, Mais, Reis und Stärkekartoffeln.

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