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ZV-Präsident Michael Wippler begrüßte die Versammlung.
© Peter Salden
Innungen

Sorgen im Norden

Auf der Jahrestagung des LIV des Bäcker- und Konditoren­handwerks Mecklenburg-Vorpommern in Wismar ging es um große Herausforderungen, aber auch um Lösungswege und Initiativen.

Michael Wippler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, stand in seinem Grußwort noch ganz unter dem Eindruck des erfolgreichen „Tages des Brotes“ Anfang Mai und des klaren Bekenntnisses der Politik zum Bäckerhandwerk auf die aktuellen Herausforderungen eingegangen, denen der Berufsstand nach wie vor gegenübersteht. „Diesen verbalen Absichtserklärungen müssen nunmehr aber auch Taten folgen, dazu tauschen wir uns mit der Bundesregierung über verschiedene Gesprächskanäle aus“, hob er hervor. Die Verunsicherung der Betriebsinhaber beispielsweise bei der Energieversorgung nach den bereits enorm gestiegenen Kosten wird nicht geringer, wenn derzeit über einen künftigen Industriestrompreis diskutiert und dabei einmal mehr der Mittelstand und das Handwerk außen vor gelassen werden sollen. Und was kommt nach der Energiepreisbremse, die zum 30. April 2024 auslief?“ Weitere Problemfelder sind gestiegene Rohstoffpreise und Lohnkosten sowie fehlender Berufsnachwuchs bzw. Fachkräfte.

 

Neues ZV-Präsidium im Herbst

Worte an die Versammlung richtete auch Roland Ermer, Landesobermeister sächsischen Bäckerhandwerks. Er will im November bei der Jahrestagung des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks für das Präsidentenamt kandidieren und versicherte, sich im Fall seiner Wahl auch weiterhin und mit ganzer Kraft für eine erfolgreiche Entwicklung des Bäckerhandwerks einzusetzen, wofür seine Erfahrungen als langjähriger Präsident des Sächsischen Handwerkstages und als LOM sowie seine vielfältigen politischen Kontakte hilfreich sein werden: „Um als Bäckerhandwerk auf Bundesebene auch in der Zukunft unsere Forderungen aufmachen und mit Nachdruck vertreten zu können, bedarf es vor allem der Unterstützung aller Landesverbände und eines motivierten ZV-Präsidiums, für das aktive und engagierte Bäckermeister kandidieren sollten.“ In diesem Zusammenhang erklärte sich Landesinnungsmeister Matthias Grenzer bereit, künftig im ZV-Präsidium mitzuwirken und warf somit sozusagen seinen Hut für die Wahlen im Herbst in den Ring.

Der LIV Mecklenburg-Vorpommern war auch im vergangenen Jahr mit seinen Aktivitäten und Forderungen eng an der Landespolitik dran, informierten LIM Grenzer und Geschäftsführer Jan Loleit in ihren Berichten. So wurde z.B. über die Preisbremsen diskutiert, die vielen Unternehmen auch etwas gebracht haben, jedoch sei der Härtefallfonds in Mecklenburg-Vorpommern an den Betrieben vorbei gegangen, weil eine Vervielfachung der Energiekosten – zum Glück – nicht eingetreten ist. Dennoch belasten die gestiegenen Bezugskosten für Energie und Rohstoffe sowie die Erhöhung des Mindestlohnes die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse überaus stark, sodass sich die wirtschaftliche Situation in vielen der insgesamt noch 66 Innungsbetriebe erheblich verschlechtert haben. Zudem müssen viele Versorgerverträge in diesem Jahr noch neu verhandelt werden, womit die Kostensteigerungen von erwarteten bis zu 40% erst dann in den Backbetrieben ankommen werden – demgegenüber hatten die Preiserhöhungen für Backwaren im Vorjahr bei nur 15 bis 20% gelegen. Damit dürfte dann kaum noch Geld übrig bleiben, um die Inhaber zu bezahlen oder gar in die Zukunft zu investieren. Hinzu kommen größer werdende bürokratische Hürden wie immer neue Nachweisgesetze und die Mehrwegbecher-Pflicht.

 

Nachwuchs dringend gesucht

Trotz all dieser Sorgen werbe der Berufsstand laut und mit vielen Aktivitäten für das Bäckerhandwerk. Zwar musste der LIV seine traditionelle Beteiligung an der 32. MeLa in Mühlengeez bei Güstrow – Fachausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und ländliche Perspektiven – im September 2023 wegen enorm gestiegener Kosten absagen, jedoch werden sich die Bäcker im Juni am Sommerfest der Landesvertretung in Berlin präsentieren und mit Pralinen, Marzipanfiguren und leckerem Brot für ihr Handwerk werben und einmal mehr vor allem mit Bundes- und Landespolitikern ins Gespräch kommen. Diskutiert wurde zudem die Beteiligung der Handwerksbäcker am „Tag gegen Gewalt gegenüber Frauen und Kindern“ Ende November sowie über die Nutzung von Packstationen für Backwaren, wofür Gelder aus dem Landesfonds Digitalisierung eingeworben werden sollen. Auf diese Weise könnten Kunden im ländlichen Raum ohne Retouren, zusätzliches Personal und Miete für den Verkaufsraum mit Backwaren regionaler Anbieter versorgt werden, denn die Produkte werden bereits mit der Bestellung bezahlt – und das Bäckerhandwerk bleibt mithilfe dieser Verkaufsautomaten in der Fläche präsent. Vorstand und Geschäftsführung wurden beauftragt, gemeinsam mit einem Backbetrieb ein derartiges Pilotprojekt zu entwickeln. Um zusätzlichen Berufsnachwuchs zu gewinnen – die Zahl der Lehrlinge ging von 2010 bis 2022 von 213 auf 56 (Bäcker) bzw. bei den Fachverkäuferinnen von 712 auf 87 zurück – will sich der Landesverband verstärkt für eine gestreckte Ausbildung und Prüfung über zwei Jahre mit anschließender einjähriger Spezialisierung einsetzen. Zudem bestehe die Möglichkeit, 50 junge Leute aus Marokko zu Bäckern ausbilden zu lassen, wobei diese jungen Leute umfassend betreut werden müssen und auch zusätzliche Zeit zur Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse gegeben werden sollte.

Die Bestätigung der Regularien und die Entlastung der Gremien erfolgten einstimmig. Mit zwei Fachvorträgen wurden die Bäcker- und Konditorenmeister schließlich auf zwei interessante Themen aufmerksam gemacht: Geschäftsführer Sven Mierach stellte die Traditionen und aktuellen Angebote seiner Backofenbau GmbH Parchim als letztem verbliebenen Backofenhersteller in Mecklenburg-Vorpommern vor. Stefan Otto von der Clausohm-Software GmbH aus Neverin sensibilisierte die Betriebsinhaber für die Gefahren aus dem Internet und zeigte Strategien zur Erhöhung der Cyber-Sicherheit in Bäckereien auf.

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