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Bäckermeisterin Marie Thérèse Simon (links), LIM Christa Lutum und LIM Maren Andresen. (Foto: BÄKO-magazin)
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Innungen

„Gruselig nur noch Industriefutter zu essen“

Im Interview mit dem BÄKO-magazin spricht die Verbandsvorsitzende von Berlin-Brandenburg, Christa Lutum, über die Auswirkungen der Corona-Krise auf ihren Betrieb und auf das Bäckerhandwerk.

Wie hat sich Ihr Geschäft in der Corona-Krise verändert?
Ich habe eine kleine Backstube mit angeschlossenem Café. Das Café ist zurzeit geschlossen. Der Außer-Haus-Verkauf geht weiter. Ich habe das Glück viele Stammkunden zu haben. Die kommen jetzt und holen sich ihren Kuchen für zu Hause. Im Service musste ich Personal abbauen. Wir haben drinnen und draußen ein Café mit großer Terasse und da passiert gerade natürlich nichts. Ich habe außerdem Kurzarbeit angemeldet. Wir produzieren weniger, weil unsere Gastronomiekunden wegfallen. Was aber gut läuft, sind die Marktstände. Die Kunden gehen gerne auf dem Markt einkaufen, weil sie sich da sicherer und entspannter fühlen und wahrscheinlich mehr Zeit haben.
Welche Maßnahmen haben Sie sonst noch ergriffen?
Für ein Zwei-Schichten-System ist unser Betrieb zu klein. Ich habe vor meiner Theke eine Reihe Tische aufgebaut, damit die Kundschaft noch ein Stück weiter weg ist. Es dürfen nur zwei Kunden in den Laden. Die anderen warten draußen im nötigen Abstand. Das funktioniert sehr gut. Unsere Kunden sind da noch ganz entspannt.
Wie wird das Bäckerhandwerk die Krise überstehen?
Für Betriebe die schwerpunktmäßig Schulen, Kantinen oder Gastronomien beliefern ist es ein Desaster. Nur weil wir irgendwann wieder rausgehen dürfen ist nicht alles wie vorher. Dieses Problem wird die Kollegen noch länger beschäftigen. Die Kunden der kleinen Betriebe begreifen die Situation als solidarischen Akt. Die kommen jetzt regelmäßig. Das ist wirklich total nett. Wir haben einen Kunden, der jeden Morgen zum Espresso trinken bei uns ist. Die Betriebe, die teure Standorte haben, sind auf hohe Umsätze angewiesen. Damit meine ich Filialisten in Bahnhöfen oder in Centern. Das wird denen weh tun. Heute haben die wenigsten Bäcker eine Rücklage. Betriebe, die vorher gekränkelt haben, könnten sagen: „Jetzt ist Schluss“. Das kann ich mir vorstellen. Es gibt aber auch Betriebe die jetzt ohne Ende backen. Gewinner gibt es in jeder Krise.
Wie sehen sie die Rolle des Bäckerhandwerks in Krisenzeiten?
Wenn man böse sein will, kann man sagen: Von den Kapazitäten braucht man uns nicht mehr. Die Industrie schafft alles. Das glaube ich schon länger. Auf der anderen Seite wollen viele Menschen sich nicht nur mit industriellen Produkten versorgen und schätzen handwerkliche Produkte. Das ist denen wichtig. Die wird es immer geben. Ich fände es gruselig, nur noch Industriefutter essen zu müssen.

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