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Wer krank ist, soll sich schonen. „Blaumachen“ gilt aber nicht.
© Paul Bradbury/Getty Images
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Gegen Gefälligkeitsatteste

Den Nachweis, dass ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist, erbringt dieser durch die Vorlage eines ärztlichen Attests. Einem solchen Attest kommt ein hoher Beweiswert zu. In bestimmten Fällen kann dieser Beweiswert aber erschüttert sein.

Bereits vor zwei Jahren hatte das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 8.9.2021, Az.: 5 AZR 149/21) entschieden, dass sich „Zweifel am Vorliegen einer Erkrankung (…) daraus ergeben (…), dass eine am Tag der Eigenkündigung des Arbeitnehmers ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung passgenau die nach der Kündigung noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdeckt“.

In einer aktuellen Entscheidung, die das Bundesarbeitsgericht nunmehr veröffentlicht hat (Urt. v. 28.6.2023, Az.: 5 AZR 335/22), setzen die höchsten deutschen Arbeitsrichter diese Rechtsprechung weiter fort: Danach kann eine Erschütterung des Beweiswerts auch dann angenommen werden, wenn der behandelnde Arzt bei der Ausstellung des Attests gegen die anerkannten medizinischen Richtlinien verstößt. Diese sind für Krankenkassen, Versicherte und Kassenärzte in der sog. Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie genannt. Diese regelt etwa, wann ein ärztliches Attest ausgestellt werden darf und was der Arzt dabei zu beachten hat.

 

Fachanwaltliche Einordnung

„Ist das Attest etwa ohne Untersuchung durch den Arzt ausgestellt worden oder weicht die Dauer der Krankschreibung von üblichen Längen ab, kann dies den Beweiswert erschüttern“, fasst der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. (VDAA) die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zusammen.

Maßgeblich bleibe aber immer der Einzelfall, so die Arbeitsrichter in ihrer aktuellen Entscheidung: Damit sind stets alle Umstände des Falles zu berücksichtigen. „Wer am Vortag der Krankschreibung seinen Schreibtisch aufräumt oder im Kündigungsschreiben bereits erkennen lässt, dass er bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr im Betrieb erscheinen wird, muss ebenfalls damit rechnen, dass der Arbeitgeber die Lohnzahlung einbehält“, meint der Arbeitsrechtsprofessor.

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