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Digitalisierung nur als Hilfsmittel

Geruch, Geschmack, Mundgefühl. All das, kurz: die Nahrungsaufnahme, bleibt auch zukünftig analog. Eine beruhigende Feststellung für eine Zukunftsbranche inmitten der Digitalisierung.

Weniger Fett, weniger Zucker, weniger Salz – dann doch gleich ein am Automaten speziell auf die Bedürfnisse meines Körpers abgestimmtes Super-Getränk verzehren. Genuss? Wurscht! Hauptsache versorgt und das in fünf Minuten. Diesen Trend gibt es. In Metropolen wie Berlin zum Beispiel oder bei den unter Extremdruck arbeitenden Entwicklern im Silicon Valley. Was Lebensmittelproduzenten daraus lernen? Neue Geschäftsmodelle mit neuen Nischenprodukten zu finden. Aber, so bestätigten sich Ernährungswissenschaftler, Lebensmitteltechnologen, Studenten und Manager bei der 69. Tagung für Bäckereitechnologie in Detmold, auf der anderen Seite stehen nach wie vor die sich auf natürliche, regionale und einfach leckere Produkte besinnenden Verbraucher. Für sie und die Hersteller ist die Digitalisierung vor allem eines: ein wertvolles Hilfsmittel. „Sie können alles digitalisieren, beim Essen hört’s auf“, sagte der ehemalige Journalist Christoph Minhoff auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung (AGF). Der Zuhörer ist gleich ein wenig erleichtert. Verbildlicht der Satz doch, was wir Menschen eigentlich alle hoffen: die Digitalisierung verändert Vieles; aber sie hat ihre Grenzen. 
Dabei gehe es darum, neue Kategorien von Bedürfnissen zu finden – „also ein Problem bei den Verbrauchern auszumachen“, nennt es Halecker, Start-up-Unternehmer aus Berlin den neuen Trend zum „Meal Replacement“ – und die passende Lösung anzubieten. Immer öfter ersetzen beispielsweise schon heute Apps den klassischen Ernährungsberater. Haleckers Rat an alle: „Handeln Sie nach dem 70-20-10-Prinzip!“ 70% der eigenen Arbeit solle man demnach in Ausbau und Sicherung des Kerngeschäfts stecken, 20% in neue Wege und Arbeitsmethoden am Rande des eigenen Geschäfts und 10% in etwas komplett Neues.
Verkostung per Knopfdruck
Nah am Alltag der Filialen waren die Vorträge zu digitalen Hilfsmitteln für das Bäckerhandwerk: Martin Müller etwa vermarktet die Sensorik-Software SensoTaste, die die notwendige und bislang analoge Verkostung digitalisieren kann und automatische Berichte erstellt. Anke Samuelson erklärte die wichtige Verkaufsfunktion eines digitalen Kassensystems in einer Filiale. Eine moderne Kasse sei wichtiges Informationsmittel und damit Basis für guten Kundenservice und könne zudem viele andere Prozesse unterstützen, wie etwa Zeiterfassung, Kundenbestellungen, Wareneingang oder Inventuren. Digitale Prognoselösungen, wie von Marc Huber von Operational Analytics präsentiert, sollen Filialmitarbeitern helfen, die Waren präzise auf den Bedarf abgestimmt zu bestellen und so Backwarenverluste zu reduzieren. Huber: „Allein durch Retouren entstehen in Deutschland im Jahr circa 600.000 Tonnen Backwarenverluste.“
Dinkel und Acrylamid – alles bleibt, wie es ist
Abseits der bahnbrechenden Trends und digitalen Zukunftsthemen hielten auch andere Redner Wissenswertes für die Zuhörer bereit: So sorgt eine Bekanntmachung der Europäischen Kommission beim Bäcker wie beim Verbraucher für Verwirrung und Unsicherheit. Danach solle in der Zutatenkennzeichnung von Dinkel stets dessen Eigenschaft als Weizenart erwähnt werden. Rechtsanwalt Alexander Meyer-Kretschmer und Geschäftsführer des Verbands Deutscher Großbäckereien kann die Anordnung nicht nachvollziehen und stellte klar: Sie ist rechtlich nicht verbindlich. Vorerst reiche eine reine „Dinkel“-Kennzeichnung. Den Dialog mit der EU-Kommission gelte es abzuwarten. Ähnlich verhält es sich beim Thema Acrylamid. Hier hat die EU-Kommission Richtwerte für bestimmte Backwaren vorgegeben. Erstens handele es sich dabei nicht, wie vielfach angenommen, um Grenzwerte, so Meyer-Kretschmer. Und zweitens ist klar: Für viele Spezialbrote wie Zwiebelbrot oder Oliven-Ciabatte fehlen noch Analysedaten.

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