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BM Peter Kapp (l.) macht sich und seinen Kollegen auch in der Corona-Krise Mut. (Foto: BÄKO-magazin)
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Mit Transparenz durch die Krise

Wer bereits in der Vergangenheit um seine berufliche Existenz kämpfen musste, weiß davon zu berichten und anderen Mut zu machen. Wie Bäckermeister Peter Kapp, der auch in Corona-Zeiten via Web-Seminar kollegial zur Seite steht. Im Interview mit dem BÄKO-magazin verriet Kapp, welche Auswirkungen die aktuelle Situation auf seinen Betrieb hat und wie er die zukünftige Lage einschätzt.

Die Bäckerei Peter Kapp, Artisan Boulanger, in Edingen ist mit der eigens ausgerufenen „Rivoluzione del Pane“ als Marke berühmt geworden – branchenübergreifend. Mittlerweile verfasst der ambitionierte Bäckermeister auch Fachbücher, gibt Back- und Lehrschulungen.
Gründonnerstag haben Sie ein Web-Seminar an der ADB Weinheim gehalten…
Ja, zum Thema „Ausweg aus der Krise“, ein Weg um den Leuten die Angst zu nehmen. Natürlich hatte das Seminar Bezug zur aktuellen Lage, bzw. den (Unternehmer-)Sorgen rund um Corona. Aber ich habe auch aus meiner Erfahrung berichtet, als ich im Jahr 2005 kurz vor der Betriebsschließung stand. Ich entwickelte mit der Zeit ein eigenes Profil und konnte mich als „eigene Marke“ schließlich von der Konkurrenz abheben. Letztes Jahr hatte ich einen dreimal so hohen Umsatz wie zu Beginn meiner Umstrukturierung. Dieses Beispiel soll einfach verdeutlichen, es geht immer weiter.
Das Web-Seminar war die Idee von meinem geschätzten Kollegen Schulungsleiter Bernd Kütscher. Er fragte mich an und ich habe sofort zugesagt. Gut 40 Minuten habe ich von meinen Erfahrungen berichtet, anschließend gab es eine offene Fragerunde bzw. einen Livechat mit rund 60 Teilnehmern. Ein spannendes Konzept und genau der richtige Weg um unsere Botschaft hinauszutragen: #Wir sind für Euch da!
Wie gehen Sie als Unternehmer mit der aktuellen Lage um?
Positiv denken! Schlecht geht es uns ja nicht; im Vergleich zu anderen Ländern wie Italien oder den USA. Am besten man schaut nicht nonstop auf die Live-Ticker zu Corona, sondern informiert sich gebündelt.
Als Unternehmer sollte ich mir auch die Frage stellen, was erwarten die Kunden in Zukunft von mir? Das kann beispielsweise das Bargeldlose Bezahlen sein (auch wir denken darüber nach).
Welche Veränderungen gibt es im Geschäftsbetrieb? Wie darf man sich heute den Einkauf in einer Ihrer Filialen vorstellen?
Zuerst haben wir einmal unsere Öffnungszeiten verlängert. Traditionell blieb unser Geschäft sonntags als Ruhetag immer geschlossen – nun reagieren wir auf den Kundenwunsch in dieser schwierigen Situation. Der Einkauf in einer unserer Filialen sieht dann so aus, dass immer nur zwei Kunden gleichzeitig den Laden betreten dürfen. Raumtrenner sorgen für den nötigen Sicherheitsabstand, während der Spuckschutz sein Übriges tut.
Wir haben unsere Retourenquote erhöht. Seit Mitte März ist unser Umsatz um 12% gestiegen, allerdings haben wir auch rund 40 Kunden verloren. Wichtig ist uns weiterhin die Qualität unserer Backwaren und daher bauen wir auf die gute Verbindung zu unserem Versorgungspartner BÄKO.
Hat die derzeitige Situation auch Auswirkungen auf evtl. von Ihnen geplante Events und gastronomische Zusammenarbeiten? Wie steht Ihre Verbindung zu Ihren Kollegen aus den Nachbarländern?
Alles fällt derzeit aus – angefangen beim Französischen Markt in Mannheim bis hin zu sämtlichen Winzer-Events oder Backkursen. Selbst das Verlagswesen ruht; so sollte längst mein neues Buch in den Startlöchern stehen.
Es wird einem Bange, schaut man zu unseren Nachbarländern wie Italien, wo viele Freunde und Kollegen gerade in einer besonders hart getroffenen Region ums Überleben kämpfen. Wir sind fassungslos und können unsere Verbundenheit nur aus der Ferne unterstreichen. Aber sobald wir wieder in dieses schöne Land reisen dürfen, werde ich einer der ersten sein, der seine Freunde und Kollegen dort wieder in die Arme schließen und mit ihnen zusammen feiern wird!
Wie wird sich diese Krise auf Ihr Geschäft, wie auf die Handwerksbäcker allgemein in den nächsten Wochen auswirken?
Es wird keine Gewinner geben. Man muss aus seinen eigenen Fehlern lernen und besser agieren. Auch ist der Kunde nun noch kritischer geworden, also höchst sensibel. Wir als Bäcker sollten hier mit Transparenz und Ehrlichkeit Antwort geben. Unternehmen, die bereits vor dem Aus standen, werden wahrscheinlich nun schneller schließen, als sie es ohnehin getan hätten.
Insgesamt wird uns diese Zeit verändern – uns alle. Jeder Bäcker, der das übersteht (also eine Krise übersteht) sollte sich dafür belohnen.

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