Die vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks (ZV) aktuell präsentierten Ausbildungszahlen für das Jahr 2024 bieten Grund für Optimismus. Trotz der wirtschaftlich mitunter herausfordernden Lage in Deutschland schlossen die Betriebe des Bäckerhandwerks 2024 deutlich mehr Ausbildungsverträge ab als im Jahr zuvor. Bis Ende September 2024 starteten 6.381 junge Menschen ihre Ausbildung im Ausbildungsberuf Bäcker bzw. Fachverkauf, was 1.008 mehr sind als im Jahr zuvor. Besonders der Beruf Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk erfreute sich einer großen Beliebtheit und steht in der Statistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf dem dritten Platz der höchsten prozentualen Zunahme: „22,5% mehr Neuverträge sind ein erfreulicher und dringend notwendiger Zuwachs, der mich stolz macht und beweist, dass wir eine Branche mit Zukunft sind“, resümiert Roland Ermer, Präsident des ZV. Außer über 4.386 Neuverträge im Fachverkauf (+22,5%) freut sich die Branche auch über 1.995 Neuverträge im Beruf Bäcker/in (+11,4%). Mit diesem Wachstum stehen die Ausbildungsberufe im Bäckerhandwerk gegen den bundesweiten Trend, nach dem die Zahl der Ausbildungsverträge um insgesamt 0,5% abnahm.
Erfolgreiche Initiativen
Dem Bäckerhandwerk ist es laut ZV gelungen, das vorhandene Nachwuchspotenzial in Deutschland stärker zu mobilisieren und zusätzlich die Chancen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes für sich zu nutzen. Zurückzuführen sei dies vor allem auf eine jahrelange, konsequente Fokussierung des Branchenverbandes und seiner Landesinnungsverbände auf das Thema „Nachwuchs“. Dazu zählen vor allem eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit für das Bäckerhandwerk, seine Berufe und Karrierechancen, aber auch die Rekrutierung von Auszubildenden aus dem Ausland wie beispielsweise Vietnam. Die Verbände des Bäckerhandwerks informierten früh über die rechtlichen Möglichkeiten und Wege der Nachwuchsgewinnung aus dem Ausland. Darüber hinaus initiierte der ZV Kooperationen mit der Bundesagentur für Arbeit und der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit. Landesinnungsverbände gingen regionale Kooperationen hierzu ein. Zahlreiche Betriebe zeigten sich offen für neue Möglichkeiten und konnten so freie Ausbildungsplätze erfolgreich mit motivierten jungen Menschen aus Drittstaaten besetzen.
Chancen genutzt
„Viele Betriebe haben die Chancen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes genutzt und Auszubildende aus dem Ausland, beispielsweise aus Vietnam, in eine Lehre übernommen. Hierüber hatten die Verbände des Bäckerhandwerks informiert und dies beworben. Aber auch der jahrelange, intensive Einsatz, um die Qualität und Attraktivität der Berufsausbildung im Bäckerhandwerk weiter zu erhöhen, trägt nun erste Früchte. Die Verbände haben über Jahre eine Vielzahl von Maßnahmen entwickelt, den Betrieben empfohlen und soweit möglich selbst umgesetzt, um Auszubildende für unser Bäckerhandwerk zu gewinnen und zu binden – dies zahlt sich nun aus. Wir sehen uns in diesem Engagement bestätigt und werden diesen Weg weiter gehen. Des Weiteren haben wir über unsere Öffentlichkeitsarbeit immer wieder transportiert: Das Bäckerhandwerk ist ein schönes Handwerk, das Spaß macht und Menschen sinnstiftende Arbeit bietet“, erklärt Präsident Roland Ermer.
Weitere Arbeit notwendig
Trotz der positiven Entwicklungen hat auch das Bäckerhandwerk weiterhin mit dem allgegenwärtigen Fachkräfte- und Nachwuchsmangel zu kämpfen. „Nach wie vor gibt es viele freie Lehrstellen, die unsere Betriebe gerne mit jungen Menschen besetzen würden. In den vergangenen Jahren wurden viele Fehler in der Bildungs-, Wohnungs- und Familienpolitik gemacht, die nun dringend behoben werden müssen. Wir fordern von einer neuen Bundesregierung, diese anzugehen und zu korrigieren. Dazu gehört nicht nur ein klares Bekenntnis zur Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung. Auch eine konsequente Berufsorientierung in Schulen, vor allen an Gymnasien, ist notwendig, um die Bandbreite an Ausbildungsberufen und deren Karrierechancen stärker bekannt zu machen“, führt Präsident Ermer aus. Darüber hinaus kritisiert der ZV den Mangel an bezahlbarem Wohnraum für junge Auszubildende, der in den vergangenen Jahren wiederholt dazu geführt habe, dass Ausbildungsverhältnisse im Bäckerhandwerk nicht zustande kamen oder wieder gelöst werden mussten. „Um das Problem des Fachkräftemangels mittel- und langfristig anzugehen und eine Trendumkehr in diesem Bereich zu erreichen, muss auch die staatliche Familienpolitik überprüft und korrigiert werden. Es müssen mehr hochwertige und bezahlbare Ganztagsbetreuungseinrichtungen und -schulen entstehen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert werden“, ergänzt Präsident Ermer.