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Für viele Firmen ist die gegenwärtige Lage existenzbedrohend. (Foto: Pixabay)
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Insolvenzwelle – mit Verspätung?

Im Jahr 2020 haben in Deutschland 15.865 Unternehmen eine Insolvenz angemeldet – 16,5% weniger als im Vorjahr. Hauptursache für die geringe Zahl an Insolvenzen ist die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in Kombination mit den zahlreichen Hilfspaketen für die Unternehmen.

„Bedingt durch die Corona-Krise haben viele Unternehmen in Deutschland derzeit wirtschaftliche Probleme. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen aus dem letzten Jahr spiegelt diese Situation nicht wider“, kommentiert Dr. Frank Schlein, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei CRIF Bürgel, die aktuellen Zahlen. 2019 betrug die Zahl der Firmeninsolvenzen noch 19.005.
Dickes Ende 2022?
Da in den Insolvenzstatistiken die Vergangenheit abgebildet wird, werden die genauen Auswirkungen der Corona-Krise erst nachgelagert sichtbar werden. Die Insolvenz-Welle wird auch noch in das Jahr 2022 hineinreichen. Die negativen Folgen des Lockdowns und der anhaltenden Wirtschaftskrise wurden somit lediglich verschoben. Geschädigte sind vor allem Gläubiger, das heißt Lieferanten oder auch Vermieter, die befürchten müssen, durch eine Insolvenz auf ihren Forderungen sitzen zu bleiben und so ihr Geld nicht zu bekommen. Derzeit sind Unternehmen vor allem aus den Branchen Gastronomie, Touristik, Entertainment, Einzelhandel und Messebauer besonders insolvenzgefährdet.
Höchste Insolvenzdichte in Bremen
Die höchste Insolvenzdichte gab es 2020 in Bremen mit 100 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Der Bundesdurchschnitt lag bei 48 Pleiten je 10.000 Firmen. Über diesem Wert rangieren neben Bremen auch Berlin (75), Nordrhein-Westfalen (65), das Saarland (61), Hamburg (60), Sachsen-Anhalt (56) und Hessen (51). Die wenigsten Firmenpleiten gab es im letzten Jahr in Thüringen mit 31 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Aber auch in Bayern (35) sowie in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (je 36) mussten vergleichsweise wenig Firmen eine Insolvenz anmelden. Nach den absoluten Zahlen stehen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (4.357), Bayern (2.173) und Baden-Württemberg (1.723) an der Spitze der Insolvenzstatistik.
Die aktuellen Insolvenzzahlen spiegeln die Lage der Unternehmen nur sehr bedingt wider. Über 300.000 Unternehmen in Deutschland haben derzeit finanzielle Probleme. Laut Modellberechnungen von CRIF Bürgel zum Rückstau an Firmeninsolvenzen besteht die Welle derzeit aus circa 16.500 zusätzlichen Insolvenzen. Betroffen seien vor allem Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern. Unter der Voraussetzung, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im vollen Umfang aufgehoben wird, sind dann insgesamt 35.500 Firmeninsolvenzen in Deutschland möglich. Die Zahl könnte aber noch steigen, wenn sich die Pandemie noch länger fortsetzt und die Politik gezwungen wäre, die Antragspflicht auch über den 30.04.2021 hinaus auszusetzen.
Auch rechtliche Komponente
Die Insolvenzzahlen werden auch dadurch beeinflusst, dass der Gesetzgeber 2020 das Insolvenzrecht für Unternehmen erweitert hat. Betriebe mit positiver Fortführungsprognose können nun auch außerhalb eines offiziellen Insolvenzverfahrens eine Sanierung in Eigenregie in Anspruch nehmen. Ob dieses neue Instrument ausreichend angenommen werden wird und auch für alle Betriebsgrößen gleichermaßen praktikabel ist, bleibt abzuwarten.

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