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Die „Brotpuristen“ um Sebastian Däuwel (vorne) ziehen auch in der Krise an einem Strang. (Foto: Die Brotpuristen)
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Titel E-Paper 10-24
Branche aktuell

„Ware kontaktlos über die Brotrutsche“

Sebastian Däuwel hat 2016 als Seiteneinsteiger seinen Laden „Die Brotpuristen“ in Speyer eröffnet: mit einem überschaubaren Brotsortiment und Öffnungszeiten von Dienstag bis Freitag 14.30 bis 18.30 Uhr. Das Konzept bewährt sich auch in der aktuellen Krise, zumal der Diplom-Betriebswirt Schutzmaßnahmen frühzeitig, offensiv und auch kreativ umsetzt.

Wie geht es Ihrem Unternehmen in der aktuellen Lage?
Die Corona-Krise hat uns weniger getroffen als manchen Kollegen, zumal wir keine Snacks und keinen Cafébetrieb haben. Zwar ist das Liefergeschäft eingebrochen, aber wir verkaufen sogar deutlich mehr Brot. Allerdings haben wir das Sortiment leicht reduziert, backen nur die meistgefragten Brote, um den Druck aus der Backstube zu nehmen. Meine größte Angst ist natürlich, dass wir schließen müssten, wenn jemand aus der Backstube infiziert wäre. Unseren Brottruck haben wir aktuell nicht auf der Straße, weil die verantwortlichen Mitarbeiter über 65 Jahre alt sind und ich an der Stelle einfach meiner Fürsorgepflicht gerecht werden muss. Nach Ostern soll der Brottruck aber voraussichtlich wieder fahren, weil wir sehr viele Kundenanfragen haben, wie es dort weitergeht.
Ihr Onlineshop zur Bestellung und Abholung im Geschäft dürfte gegenwärtig sehr gefragt sein…
Wir versenden nicht per Post, obwohl wir danach sehr oft gefragt werden. Die Vorabbestellung ist übrigens kein Muss, sondern eine Option, die von vielen genutzt wird, weil so sichergestellt ist, dass sie das gewünschte Brot im Laden auch bekommen.
Welche konkreten Maßnahmen haben Sie im Verkauf ergriffen und was hat Ihnen weitergeholfen?
Schon sehr frühzeitig, am 16. März, haben wir Kreuze als Abstandsmarkierungen mit Kreide auf den Boden gemalt und wie gewohnt auf Instagram geteilt. Daraufhin haben sich viele Bäcker gemeldet und das so oder ähnlich auch übernommen; das hat mich gefreut. Wir akzeptieren kein Bargeld mehr, sondern nur noch Kartenzahlung. Ein mutiger Schritt, weil das bei uns noch gar nicht so lange möglich ist und fast 99% der Kunden bisher bar bezahlt haben. Wir haben die Theke direkt an die Tür platziert, sodass kein Kunde mehr in den Laden kommt; das Brot erhalten sie dann kontaktlos über eine Brotrutsche um die Ecke. Eine Reihe von „Zumutungen“, aber sie werden gut angenommen! Tatsächlich sehen wir viele Neukunden und ich vermute, das sind Menschen im Home Office, die wegen unserer doch recht speziellen Öffnungszeiten sonst nicht zu uns kommen können.
Welche Auswirkungen auf die Backbranche und auf Ihr Umfeld erwarten Sie für die nächsten Wochen und Monate?
Man sieht an der Krise, dass es gut war, wenn sich Bäcker in den vergangenen Jahren auf ihre Kernkompetenzen besonnen haben. Nach wie vor muss man aus meiner Sicht weit fahren und Bäcker kennen, um ein wirklich gutes Brot zu bekommen. In der Krise steckt die Chance, dass viele Betriebsinhaber erkennen, worauf es wirklich ankommt, nämlich gutes Brot und gute Backwaren. Die scheinbar neue Wertschätzung für Bäckereien, von der berichtet wird, sehe ich mit etwas gemischten Gefühlen. Einerseits ist es schön und auch richtig, dass Bäcker diese Wertschätzung erfahren, andererseits geht mir die „Helden-“, „Retter-“, „Versorger“-Rhetorik bei manchen ein wenig zu weit. Die Kunden sollen nicht aus Not, Solidarität oder gar Mitleid zu mir kommen, sondern weil ich richtig geiles Brot backe, und das auch noch nach der Krise! Und nur wenn ich meine Qualitätsphilosophie auch den Kunden vermittele, die jetzt bei mir einkaufen, wird der Erfolg auch nachhaltig sein.

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