Der Verband deutscher Arbeitsrechts Anwälte (VDAA) klärt in der Corona-Krise über wichtige rechtliche Fragen auf.
Am 22.3.2020 hat Bundeskanzlerin Merkel (CDU) einen Maßnahmenkatalog mit neun weiteren Punkten vorgestellt, der für mindestens zwei Wochen Geltung haben wird und gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder abgestimmt ist. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Empfehlungen, sondern um verbindliche Regeln, deren Nichtbefolgung sanktioniert wird
Der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott klärt die wichtigsten rechtlichen Fragen.
Weg zur Arbeit bleibt erlaubt
Hiernach ist in der Öffentlichkeit ein Mindestabstand von 1,50 Meter einzuhalten. Zusammentreffen sind nur für maximal zwei Personen erlaubt, sofern es sich nicht um im gleichen Haushalt lebende Personen bzw. Familien handelt. Der Weg zur Arbeit und das betriebliche Miteinander bleiben aber weiterhin erlaubt – auch dort, wo Ausgangssperren bestehen. „Der Weg zur Arbeit darf daher weiterhin durch den Arbeitnehmer zurückgelegt werden“, so Fuhlrott. „Sinnvoll ist es natürlich, wenn der Arbeitnehmer hierbei – soweit möglich – auf Fahrrad oder den PKW zurückgreift, um große Menschenmengen im Öffentlichen Personennahverkehr zu vermeiden. Letztlich ist dies aber Sache des Arbeitnehmers.“ Der Arbeitgeber ist also auch nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen „sicheren“ Weg zur Arbeit zur ermöglichen, da das Wegerisiko grundsätzlich der Arbeitnehmer trägt.
Gegenseitiger Umgang im Betrieb
Auch Betriebe dürfen weiterhin geöffnet bleiben, sofern diese nicht – wie z.B. nunmehr auch Frisöre oder Kosmetikstudios – von einer Schließungsanordnung betroffen sind. Auch in Filialgeschäften, die für den Publikumsverkehr nicht mehr öffnen dürfen, könne grundsätzlich weiterhin gearbeitet werden, etwa wenn notwendige Inventuren anfallen oder zwingende Vorbereitungs- oder Erhaltungsarbeiten geleistet werden müssen. „Sofern der Betrieb nicht schließen muss, sondern weiter geöffnet sein darf, dürfen die Arbeitnehmer natürlich auch weiterhin ihren Tätigkeiten nachgehen. Dies heißt auch, dass im Einzelfall der Mindestabstand dort kurzzeitig unterschritten werden kann. Arbeitgeber sind aber gleichwohl angehalten, soweit möglich die Hygienevorgaben umzusetzen,“ sagt Fuhlrott.
Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer
Aufgrund der arbeitgeberseitigen Schutzpflicht sind Arbeitgeber allerdings verpflichtet, ihre Arbeitnehmer so gut es vor Infektionen zu schützen. Diese Verpflichtung folgt bereits aus dem Arbeitsschutzgesetz (§§ 3, 12 ArbSchG) sowie aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 241 Abs. 2, 618 BGB). „Insbesondere bei Publikumsverkehr sind daher arbeitgeberseitige Schutzmaßnahmen zwingend notwendig. Abstandsregelungen, das Tragen von Atemmasken und Handschuhen sowie das regelmäßige Desinfizieren von Flächen können hier geeignete Maßnahmen sein“, so der Arbeitsrechtler.
Pflicht zur Arbeitsleistung bleibt bestehen
Die Pflicht zur Arbeitsleistung bleibt weiterhin bestehen. Arbeitnehmer, die aus Angst vor einer Infektion nicht zur Arbeit erscheinen, handeln vertragswidrig und riskieren ihren Arbeitsplatz. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei bestehenden Vorerkrankungen kann der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung befreit sein (§ 275 Abs. 3 BGB). Dies ist dem Arbeitgeber aber durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. Und auch dann entfällt grundsätzlich die Pflicht zur Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. „Nur das Fernbleiben ist in einem solchen Fall entschuldigt, Arbeitslohn wird dann aber nicht gezahlt. Die Regierung erwägt allerdings, hier Änderungen einzuführen. Die weitere Entwicklung und etwaige Gesetzesänderungen sind daher abzuwarten“, rät Fuhlrott. „Zudem ist eine vertrauensvolle Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber das A und O“, weiß Fuhlrott. Viele Konflikte lassen sich von vornherein so bereinigen. Vorziehen des Urlaubs, Arbeit aus dem HomeOffice oder Änderungen der Arbeitsabläufe oder des Arbeitsplatzes sind Punkte, die die Arbeitsvertragsparteien daher ebenfalls immer gemeinsam überlegen sollten.
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