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Stellt sich auch unangenehmen Diskussionen: Bernhard Meyer. (Foto: Bäckerei-Konditorei Behrens-Meyer)
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Branche aktuell

„Kapitän auf die Brücke!“

Bernhard Meyer, Geschäftsführer der niedersächsischen Bäckerei-Konditorei Behrens-Meyer (Garrel), hat sich energisch gegen die Krise gestemmt und sieht den Familienbetrieb inzwischen wieder auf Kurs – nicht zuletzt dank seines persönlichen Engagements nach innen und außen.

Die Branche klagt in Corona-Zeiten über den Umsatzeinbruch vor allem im Restaurant- und Snackbereich. Wie hat sich die Situation in Ihren Geschäften, speziell in den „Le Café“-Filialen, entwickelt?
Im Durchschnitt verzeichneten unsere 15 Cafés in den ersten vier Corona-Wochen ca. 50% Umsatzeinbußen, aber da alle auch Backshops sind, konnten sie geöffnet bleiben und das Tresengeschäft ging weiter. Über das gesamte Unternehmen, also im Durchschnitt unserer 80 Filialen, hatten wir in dieser Zeit 30% Umsatzminus. Ein Rückschlag kam dann noch einmal durch die Einführung der Maskenpflicht: der schlechteste Montag, den wir je hatten! Danach haben sich die Umsätze erholt, sodass die Cafés jetzt bei ca. 10 bis 15% im Minus sind; dürften wir alle Sitzplätze nutzen, hätten wir den Einbruch vielleicht schon wieder aufgeholt. Insgesamt liegen wir aktuell gegenüber dem Vorjahr bei –7%. Dabei hilft, dass dieser Sommer bisher sehr „bäckerfreundlich“ ist.
Wie stellt sich die Lage seit der Lockerung der Einschränkungen dar? Und welche Entwicklung erwarten Sie hier für die nächsten Monate?
Wir in Norddeutschland sind ja sehr diszipliniert und nach kurzer Übergangszeit haben die Gäste sich an die Einschränkungen schnell gewöhnt. Seit wenigen Tagen dürfen wir wieder Buffets anbieten, aber hier haben wir in den vergangenen Wochen sehr gute Erfahrungen mit am Tisch servierten Buffets gemacht: Das hat gut funktioniert – und die Retouren sind deutlich geringer als wenn man z.B. bei einem großen Buffet mit 50 Gästen rechnet und es kommen nur 20! Wenn uns kein Rückschlag ereilt, werden wir als Bäckerei Behrens-Meyer in puncto Wirtschaftlichkeit einigermaßen davonkommen, und wenn es weitere Lockerungen gibt – Stichwort: Maskenpflicht beim Einkauf –, stehen wir am Jahresende umsatzmäßig hoffentlich wieder da wie am Anfang. Ein Problem ist der steigende Mietanteil vor allem an Freestander-Standorten etc., der für ein wirtschaftliches Ungleichgewicht sorgen kann. Darum war ich mir auch nicht zu schade, unsere Vermieter anzusprechen, und von 20 haben 13 einer Mietminderung für die Monate Mai und Juni zugestimmt – überwiegend bis zu einem Drittel des Mietpreises!
Sie haben sich wie viele Kollegen dafür entschieden, die verringerten Mehrwertsteuersätze nicht an die Kunden weiterzugeben. Wie begründen Sie das, wenn Kunden nachfragen?
Ich stehe „volle Pulle“ dahinter, selbst wenn der ein oder andere böse Brief kommt, der unterstellt, ich wolle mich „bereichern“ und es gäbe vom Land, vom Staat oder von Europa „Wahnsinnsprojekte“ zur Unterstützung der Unternehmer. Denen antworte ich persönlich: Wir alle sind Deutschland, wir müssen die Situation bewältigen, aber wir müssen das Ganze auch bezahlen – auf unsere Kosten und die unserer Kinder. Ich finde, unsere Bundesregierung hat es ganz gut gemacht, hat aber auch genug „an der Backe“. Immerzu auf deren Unterstützung zu warten, halte ich für falsch. Und deswegen sage ich auch: Über wie viel Geld reden wir bei der MwSt.-Senkung beim Kauf von fünf Brötchen? Über 8 Cent, die ich behalte! Hochgerechnet ist das vielleicht eine Menge Geld für Bäcker, das sie brauchen, um wieder aufzubauen, was in den vergangenen Monaten verloren ging. Aber: Dafür nehme ich so wenig wie möglich staatliche Hilfe in Anspruch, denn der Staat hat genügend andere Aufgaben und ich muss ihm nicht unbedingt zur Last fallen. Und ich hoffe, dass Backbetriebe, die diese Krise überstehen oder sogar gestärkt aus ihr hervorgehen, auch richtig erfolgreich weitermachen.
Praktizieren Sie den persönlichen Einsatz so oder ähnlich auch bei anderen schwierigen Themen?
Ja, und zwar intern wie extern. Intern z.B. bei der Vermittlung an unsere Mitarbeiter, dass wir zeitweise auf den Manteltarif oder die Kurzarbeit zurückmussten, und zwar einheitlich. Was die Kunden betrifft, lasse ich alle größeren Probleme, mit denen die Mitarbeiter überfordert sind, an mich weiterleiten. Ich spreche mit den Leuten oder schreibe sie an, ganz egal, wie unangenehm die Themen oder Entscheidungen sind. Und bei der ein oder anderen Beschwerde werde ich sicher auch mal nachhaken, ob ich den „ehemaligen Kunden“ denn nun doch behalten konnte… Hier bin ich als Chef gefordert. Das Schiff durch die Fahrrinne zu steuern geht fast von alleine, aber wenn es bei Windstärke 8 in den Hafen einläuft, muss der Kapitän auf die Brücke!

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