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Immer eine klare Linie
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Titel E-Paper 10-24
Branche aktuell

Immer eine klare Linie

"Führung mit Konsequenz und Liebe": ein Rezept, das sich offenbar bewährt. Gelebt wird es in der Bäckerei Körner – eine Traditionsbäckerei, die vor wenigen Wochen 120 Jahre alt wurde. Geführt wird dieser mittlerweile älteste Handwerksbetrieb im Bezirk Hamburg-Altona von Sabine Möller, einer Urenkelin des Gründers.

"Da ist Rührung, da ist Demut und da ist auch ein bisschen Stolz": Sabine Möller, Inhaberin der Bäckerei Körner, hat Ende September das 120-jährige Bestehen ihres Familienbetriebs feiern können. „Laut Handwerkskammer sind wir damit der älteste Handwerksbetrieb im Bezirk Hamburg-Altona“, freut sie sich. Zwei Weltkriege konnten der Traditionsbäckerei ebenso wenig etwas anhaben wie die aktuelle Situation: Von den einst zwölf uransässigen Backbetrieben in Blankenese ist nur noch die Bäckerei Körner übrig geblieben. Echtes Handwerk, das sich durchsetzt: „Wir sind an sieben Tagen in der Woche für unsere Kunden da. Täglich frisch und so richtig mit Mehl, Wasser und der klassischen Handwerkskunst.“ Für Sabine Möller ist die traditionelle Ethik ihres Berufsstands selbstverständlich. So ist sie, als geborene Körner, in dem Familienbetrieb erzogen worden und das gibt sie auch an ihr Team weiter. Und es beweist, dass es weder hochmodernen Schnickschnack oder trendigen Chic benötigt, um zu einem Aushängeschild des backenden Handwerks zu werden. Sondern ein zupackendes Wesen, das Herz am rechten Fleck, gute Rezepte und echtes Qualitätsbewusstsein
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Markenzeichen: Franzbrötchen

Ihre Franzbrötchen etwa, die Möller ab und an auch deutschlandweit verschickt, wurden vor einigen Jahren bei einer großen öffentlichen Verkostungsaktion im Altonaer Museum, bei der mehr als 20 Bäckereien aus Hamburg und dem Umland ihre Franzbrötchen eingereicht hatten, als „die besten Franzbrötchen Hamburgs“ gekürt. Ein Geheimnis dafür gebe es nicht: „Die sind einfach so, wie Franzbrötchen sein müssen: Klebrig, aber nicht ‚sabschig‘, aber nur so, dass man sie noch gut anfassen kann. Knusprig, aber nicht zu dominant. Süß, aber nicht zu sehr und vor allem auch nicht trocken!“ Drei Sorten hat sie täglich im Sortiment. Die Schoko-Franzbrötchen, mit Nuss-Nougat-Creme gebacken, werden vor allem von den Schülern und jüngeren Kunden sehr geschätzt. Neben den „Zimt-Franz“ in der gewickelten Form – so kennt man Franzbrötchen landesweit – gibt es aber auch noch die „Klassischen“. „Wir gehören zu den Wenigen, die sie noch backen“, sagt Möller: Sie sind weniger süß und auch nicht so klebrig — vielmehr eignen sie sich gut dazu, sie aufzuschneiden und mit Butter und Marmelade zu genießen. Das Besondere: Sie werden nicht gewickelt, sondern müssen von Hand gedrückt werden: „Das können Maschinen nicht!“ Für Möller und ihr Team kein Problem — denn Handarbeit wird hier groß geschrieben. Nicht zuletzt, weil die 100 qm große Backstube im Haus des Hauptgeschäfts plus 40 qm Konditorei (ein Teil davon ist von der Straße aus für die Kunden einzusehen und macht Konditorenkunst erlebbar) gar keinen Platz für große Maschinen bietet.
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„Er hat mich auch als Mensch sehr geprägt, mir beigebracht, querzudenken, Sachen zu hinterfragen, zu delegieren und sich immer selbst zu kontrollieren – auch wenn es offensichtlich läuft.“
Sabine Möller

„Aber genau das macht eben auch unser Flair aus“, sagt Möller. Der Versuchung, auf der „Grünen Wiese“ eine Produktionshalle zu bauen, könne sie gut widerstehen: „Uns geht es sehr gut mit unserem Hauptgeschäft, den aktuell vier Filialen und dem Wochenmarkt – warum also sollte ich etwas ändern, wenn wir auch so gut davon leben können?“ Eine Lebensphilosophie, die die Nachhaltigkeit des Betriebs auf den Punkt bringt: Hier wird langfristig und achtsam geplant statt auf Wachstum um jeden Preis und den schnellen Euro gesetzt. Werte, die Möller wohl einerseits in die Wiege gelegt worden sind – aber die auch ihren ganz eigenen Lebensweg geprägt haben. Mit 13 Jahren schon stand sie im Laden, nach dem Abitur aber wollte sie ihren Horizont erweitern: Bei der BÄKO-Zentrale in Rellingen begann sie ein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre, arbeitete hier im Bereich Süß- und Handelswaren, betreute Messen und Marketingaktionen. Seither ist sie fest verbandelt mit dem Genossenschaftsgedanken: Es verstehe sich für sie von selbst, dass sie ihre Einkäufe bei der BÄKO tätige, bei der sie und ihre Familie von Anfang an Mitglied gewesen seien.
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Doch irgendwann zogen sie ihre Wurzeln nach dem Studium wohl zurück zu ihrem Ursprung. Möller gab ihre Stelle bei der BÄKO auf und machte bei Olaf Sattler in der einstigen Konditorei des Menschenrechtsaktivisten Rüdiger Nehberg ihren Konditor, später dann beim ehemaligen Zentralverbands-Präsidenten Peter Becker noch ihren Bäckergesellen „on Top“ – der Meistertitel sollte später noch folgen. „Er hat mich auch als Mensch sehr geprägt“, erzählt die 55-Jährige, „mir beigebracht, querzudenken, Sachen zu hinterfragen, zu delegieren und sich immer selbst zu kontrollieren – auch wenn es offensichtlich läuft.“

„Geben und Nehmen“

Ihre Prämisse: „Führung mit Konsequenz und Liebe.“ Das Wort „Familienbetrieb“ wird hier so gelebt, dass alle aus ihrer Familie auch mal mit anpacken, wenn Not am Mann ist – aber auch das Team sei Familie. Mehr als 50% aller Mitarbeiter sind länger als zehn Jahre im Unternehmen (der Backstubenleiter ist 30 Jahre, der Dienstälteste 38 Jahre mit dabei) und auch hier verfahre sie nach dem einfachen Prinzip „Geben und Nehmen“. Ihr sei es besonders wichtig, dass ihre Mitarbeiter selbstständig handelten und sich auch mit ihren Ideen verwirklichen könnten – das schaffe Bindung und mache gute Laune. Hier halte sie es mit Pestalozzi: „Erziehung ist Vorbild! Und wenn wir alle Spaß an der Sache haben, dann spüren das auch die Kunden.“ Sie sieht es als soziale Verantwortung, ein Ausbildungsbetrieb zu sein: Derzeit hat sie vier Auszubildende, auch Praktika werden gerne angenommen. Nicht zuletzt durch eine gute Kooperation mit der nahe gelegenen Gorch-Fock-Schule, deren Kinder regelmäßig durch die Backstube geführt werden, wird die Bäckerei in den Köpfen der Kinder schon früh verankert.

Marketing mit Köpfchen

Dass ihre eigenen zwei Söhne – 22 und 25 Jahre jung – gerade vor dem Abschluss des Bachelor stehen und nicht im Betrieb, stört sie wenig. „Vielleicht bekommen sie ja später doch noch Lust darauf, den Betrieb zu übernehmen“, sagt sie. „Auch ich habe damals meine Zeit gebraucht.“ Traditionsverständnis als Weiterreichen der Flamme: So wie Möller für ihren Betrieb brennt, dürfte das ein Leichtes werden. Nicht zuletzt erreicht sie dadurch gutes Marketing: Zum Jubiläum, das sie coronabedingt nur in kleinerem Rahmen feiern konnte, zog es neben zahlreichen Gratulanten auch die großen Medienhäuser: das „Hamburger Abendblatt“, die „Morgenpost“, den NDR. Über ihren „Blankeneser Kirchenstollen“ hat schon RTL berichtet und die „Bild“ titelte: „Dieser Stollen ist heilig!“ Die pfiffige Idee, ihre Christstollen, die auf dem Rezept ihres Urgroßvaters beruhen, in 78 Metern Höhe im Kirchturm einzulagern und mit 2 Euro Verkaufserlös das lokale Hospiz zu unterstützen, zahlt sich auch für den Backbetrieb aus. Neben dieser Spezialität und den Franzbrötchen gehören rund 20 Brötchen- und 15 Brotsorten bzw. 15 verschiedene Kuchenvarianten zum Sortiment. Gekauft werden sie vor allem von Kunden im Umkreis: Die drei freien Standorte plus eine Feinkost-Edeka-Vorkassenzone verteilen sich auf die Elbvororte, dreimal die Woche ist der Betrieb zudem mit einem Verkaufsanhänger auf dem Wochenmarkt zu finden. „1976 hat mein Vater damals mit der Filialisierung begonnen“, erinnert sich Möller, mehr als acht Filialen gab es aber bislang nie. Auch sind es alles nur klassische Verkaufsfilialen mit nur einer Handvoll Sitzplätzen – der neueste Standortzugang liegt ein Dreivierteljahr zurück im Januar 2021 in Bahrenfeld an der Trabrennbahn.
Die Bäckerei Körner ist aber nicht das einzige Erbe, das auf Möllers Urgroßvater Hinrich Martin, der am 17. September 1901 mit der Eröffnung seines Betriebs den Grundstein dafür legte, zurückgeht. Ihr Opa Max hatte fünf Kinder – daraus gingen drei Bäckereien hervor. Eine davon hat sich bis ebenfalls heute bewahrt: Der Finkenwerder Bäcker Körner wird von Möllers Cousin geführt. Jan-Henning Körner, wie Sabine Möller ein Urenkel von Hinrich Martin, konnte im September den 62. Geschäftsgeburtstag seiner Bäckerei feiern.

Bäckerei Hartmut Körner e. K.
Blankeneser Landstr. 13
22587 Hamburg
BÄKO: BÄKO Hansa
Gründung: 1901
Filialanzahl: 4
Mitarbeiter: 32
nachhaltig

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