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Ein echter saarländischer Familienbetrieb: Roland Schäfer mit Ehefrau Claudia, Tochter Susanne Sticher und Sohn Sebastian Schäfer mit Ehefrau Jasmina (Foto: Bäckerei Schäfer).
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Branche aktuell

Gewohnte Abläufe umstellen

Sebastian Schaefer, Bäcker- und Konditormeister und Betriebswirt des Handwerks, ist seit 1994 im elterlichen Betrieb, der Bäckerei Schäfer in Illingen, engagiert und als Betriebsleiter verantwortlich für Produktion, Innovation und Qualitätssicherung.

Wie erleben Sie die Situation für Ihren Betrieb? 
Aktuell versuchen wir überall und in jedem Bereich Kosten zu sparen, da wir doch auch nennenswerte Umsatzrückgänge zu verzeichnen haben: Sei es Kurzarbeitergeld, Mieten anpassen und Öffnungszeiten kritisch beobachten. Solche Maßnahmen müssen mit viel Kommunikation begleitet werden. Daher ist meine Hauptaufgabe aktuell mit jedem und allem zu reden, zu reden und zu reden. So viele Gespräche habe ich noch nie geführt, wie die letzten drei bis vier Wochen. Eine direkte Bedrohung für den Betrieb sehe ich noch nicht. Wir müssen unsere Aufgaben machen und mit der Krise entsprechend umgehen. Die kurz- und mittelfristigen Planungen werden stark beeinflusst. Wir wollten im Mai anfangen die Bäckerei umzubauen und eine Filiale sollte modernisiert werden. All diese Aktionen sind bis auf Weiteres gestoppt und werden nach der Krise in einer veränderten Nachkrisenrealität neu bewertet und geplant. Andere geplante Sachen, wie die Schließung einer Vorkasse, welche nicht gut läuft, wird dagegen jetzt wohl vorgezogen. Unser Mietvertrag läuft bis zum 31.12.2020. Daher werden wir diese Vorkasse in einem REWE-Markt wohl schon zum 30.04. schließen und im schlechtesten Falle nur noch die Basismiete an die REWE zahlen. Dies wird gerade verhandelt.
Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie in Ihrem Betrieb?
Es werden alle Kosten umgedreht und angepasst. Wir haben das Sortiment weiter gestrafft, wobei wir hier schon vorher tätig waren: Wir sind weiter von 75 auf 65 Artikel am Tag zurückgefahren. Ein Argument war die coronasichere Organisation der Bäckerei. Ich denke, dass nach der Krise das Sortiment nicht vermisst wird. Da wir schon Morgengold-Lieferant waren, haben wir keinen Lieferdienst angefahren, da wir das nicht dürfen und zudem sehr gut mit dem Franchisenehmer von Morgengold zusammenarbeiten. Dieser hat noch mal merklich an Abnahme zugelegt. Ein Onlineshop ist auch keine Option für uns. Ich denke, dass dies in Bäckereien mit großem Aufwand verbunden ist und wir uns eher auf unsere Filialen konzentrieren wollen. Dafür sind mir die Margen auch zu schwach. Als Chance sehe ich, dass man nun viele gewohnte Abläufe umstellen kann, da man vieles mit Corona begründen kann. Das sollte man nicht tun, aber manchmal hilft so etwas. Man kann also den Satz: „Denke, dass funktioniert nicht so“ gut totschlagen mit der aktuellen Situation. Ein Beispiel war die Tageszeitenproduktion. Begründung waren die Abstandsregelungen und damit das Ausdünnen der Besetzungen. Es scheint auch produktiver zu sein, denn obwohl mehr Brot gebacken wird, machen das weniger Leute aktuell. Und obwohl um die Zuschläge Angst herrschte und es nie von den Bäckern ausprobiert werden wollte, arbeiten sie nun mit Begeisterung auch mal von 8-14 Uhr. Hier hat die Krise also positiv nachgeholfen.
Wie sehen Sie die nächsten Wochen und von welcher Entwicklung gehen Sie aus? Welche Veränderungen stehen bevor?
Nun es sind wichtige Abnehmer in der Gastronomie und die Feste im Sommer weggefallen. Ich denke, dies wird sich nicht so schnell erholen. Auch fehlt der Umsatz mit To-Go und allgemein die Getränke in den Filialen. Die Cafés und Sitzbereiche sind weiterhin geschlossen. Dies sorgt für auch zum Teil sehr margenstarken Umsatzrückgang. Daher wird der Wareneinsatz in nächster Zeit wohl etwas höher sein. Ob es zu einer dauerhaften Verschiebung der Kundengewohnheiten kommt und wieder mehr regional gekauft wird, bleibt abzuwarten. Ich denke, dass die Kaufkraft nachlassen wird, und daher das Handwerk weiter Druck durch die Discounter und die BakeOff Stationen im LEH bekommen wird. Hier im Saarland fahren fast 60% der Arbeitnehmer mehr oder minder Kurzarbeit. Das wird sich auf die Einkommen auswirken und gespart wird immer zuerst beim Bäcker & Co.
Ein Vorteil ist, dass der Fachkräftemangel arg entspannt ist. Erstens brauchen wir aktuell eh weniger Personal. Und auch viele Bäcker, die zu Bosch, ZF, Saarstahl und Co. abgewandert sind und auch über die Schichtmodelle profitierten, verlieren nun viel Geld. Zudem besinnen sie sich auf die Arbeitgeber vor Ort. Wir haben schon vier Bewerbungen von Bäckergesellen, welche zurück ins Handwerk wollen, da sie teilweise schon zu 100% in Kurzarbeit stecken. 

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