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Prof. Michael Kleinert (l.) moderierte das 6. Weinheimer Brotforum mit der Talkrunde (v.l.) Sophie Hinkel (Bäckerei Hinkel, Düsseldorf), Jochen Baier (Weltbäcker 2018, Bäcker Baier, Herrenberg) und Peter Görtz (Bäcker Görtz, Ludwigshafen), die über die Bewegung – ohne Schmerz – und das Handwerk diskutierten.
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Bewegung ohne Schmerz

Volles Haus, inspirierende Vorträge u.a. über die „Bewegung ohne Schmerz“ – die Transformation innerhalb eines Unternehmens: Das 6. „Weinheimer Brotforum“ in der ADB Weinheim war mit 150 Teilnehmenden erneut ein voller Erfolg.

Packende und emotionale Einblicke in Betriebe, in Führungsstile und Arbeitsweisen; einen Ausblick auf Trends und Zukunftsentwicklungen, spannende Konzepte rund um Arbeitszeiten, Zusammenarbeit unterschiedlicher Generationen und Projekte im Fernsehen oder im Social-Media-Bereich und immer wieder intensiver Austausch während des Forums, aber auch in den Pausen bei den Brotpräsentationen: Das Brotforum an der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks (ADB) in Weinheim hatte auch in diesem Jahr alles, was man sich von einer inspirierenden Veranstaltung wünschen kann. Zum sechsten Mal hatte die ADB Weinheim, rund um Direktor Bernd Kütscher, dazu eingeladen. In diesem Jahr standen Werte verschiedener Generationen, was sie wollen und brauchen von einem Arbeitgeber, von einer Führungskraft, aber auch von (regionalen und handwerklichen) Lebensmittel jetzt und in der Zukunft, im Fokus.
Den Auftakt des 6. Brotforums machte Direktor Bernd Kütscher – er zeigte Veränderungen des Brotmarktes auf und ging vor allem auf die „Konstanz der Krisen“: Hunger als Waffe, Inflation, Klimawandel, Corona-Pandemie und Fachkräftemangel ein. Durch die Konstanz der Krisen sei genau jetzt die „Zeitenwende“ gekommen und es sei richtig den Sprung in die Zukunft – mit viel Mut – zu wagen. Dabei zeigte er der CO2-Wert von Brot und den Prozess im LEH vs. den Prozess beim regionalen Bäcker auf. Das Fazit: „Brot vom regionalen Bäcker ist Klimaschutz pur. Wir haben ein klimafreundlichen Produkt, das müssen wir auch nach Außen tragen“, sagte Kütscher.
Durch die Veranstaltung selbst führte Prof. Michael Kleinert aus Luzern als Moderator, der zu Beginn über den großen Wertewandel und den Erfolg durch Kommunikation sprach: „Unsere Brote haben mehr Werte als den Genusswert. Pflegen Sie Ihre Starprodukte“, forderte er die Teilnehmenden auf.
Dr. Margareta Büning-Fesel, Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung, berichtete in ihrer Keynote über die Zukunft der Ernährung und die zehn wichtigsten Ernährungstrends. Dabei gehe es vor allem um klimafreundliche und nachhaltige Ernährung.

 

Tradition, Passion, Revolution

Über ihre unternehmerische Zukunft, ihre Arbeitsweisen und Führungsstile berichteten im Anschluss drei Bäckereiunternehmer:
Klaus Borchers (Brotsommelier, Bäckerei Borchers, Hannover) berichtete über 175 Jahre Familientradition, ohne dabei den Blick in die Zukunft zu vergessen: „Tradition ist unser Fundament und unser Sprungbrett für die Zukunft.“ Dabei zeigte er auch die Organisation in seinem kleinen Betrieb auf: „Wir sind heute zu viert, die komplette Familie, in Weinheim: Unser Betrieb ist so organisiert, dass es auch ohne uns klappt. Das ist wichtig für die nächste Generation: Es gibt auch ein Familienleben neben der Arbeit“, erklärte Klaus Borchers seine Ansichten auch für die nächste Generation – sprich Sohn Philip.
Steffen Leonhardt (Brotsommelier, Bäckerei Leonhardt, Bretten) berichtete von seinem Weg zum nachhaltigen Erfolg und „New Work“: „Arbeit sollte Mehrwert sein und keine Belastung: Arbeit darf keine chronische Krankheit sein,“ erklärte Leonhardt seine Umsetzung mit Power Briefings am Morgen, einem Chef des Tages, einem Wunschdienstplan, eine mögliche 4-Tage-Woche für eine Vollzeitkraft und mehr Transparenz und Teilhabe für seine Mitarbeiter.
Frank Silvanus (Opa Nikel‘s Backstub, Saarlouis) erzählte reflektiert und ehrlich von seinem Weg aus der Insolvenz zum Erfolg. 2015 hatte er den Betrieb von seinem Vater übernommen: „Mit der Illusion, dass dann klar ist, wer Chef ist.“ 2017 kam die Insolvenz. Danach hat Silvanus den Betrieb neu aufgebaut, heute arbeitet er nach dem Freiheitsprinzip: „Freiheit bedeutet nichts machen zu müssen, was man nicht will“ und so stellt er keine Croissants her und nur das Brot und die Produkte, die er kann, mag und deren Herstellung ihm Spaß machen und das bei einer 4-Tage-Woche mit 35 Stunden: Entschleunigung ist sein Zauberwort für den Erfolg in der Backstube: Zeit nicht nur dem Teig geben, sondern auch sich selbst, den Mitarbeitern und den Kunden im täglichen Kundengespräch: „Wem das zu lang dauert, der kann gehen, der ist bei uns falsch.“

In einer anschließenden Talkrunde sprachen Jochen Baier (Weltbäcker 2018, Bäcker Baier, Herrenberg), Sophie Hinkel (Bäckerei Hinkel, Düsseldorf) und Peter Görtz (Bäcker Görtz, Ludwigshafen) über aktuelle Herausforderungen, Chancen und die „Bewegung ohne Schmerz“, also die Transformation innerhalb eines Unternehmens. Auch über das Handwerk, TK-Produkte und Technik wurde in diesem Zusammenhang zusammen mit dem Publikum diskutiert: „Wir müssen Technik nutzen, um unser Handwerk zu bewahren“, erklärte Baier und auch Görtz stellte fest: „Wir setzen Technik dort ein, wo es Sinn macht und den Menschen entlastet.“ Dabei dürfe das Handwerk nicht vergessen werden. „Die Person, die an der Hand des Handwerks dran hängt, ist das was das Handwerk ausmacht“, erklärte Sophie Hinkel und Jochen Baier ergänzte: „Wir brauchen wieder einen Handwerksstolz der unser Handwerk prägt und nach außen kommuniziert.“

Direktor Bernd Kütscher bedankte sich abschließend bei allen Referenten und bei seinem Team für die enorme Leistung im Hintergrund.

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