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In dem ausgefeilten Webinar der ADB Weinheim mit Bernd Kütscher gab es nicht nur aktuelle Einschätzungen, Tipps und Tricks sowie einen Blick in die "Glaskugel" für die Welt nach Corona, sondern man konnte sich auch im Chat austauschen.
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Aus- & Weiterbildung

„Lächeln ist (nicht) ansteckend“

Bernd Kütscher, Direktor der Bundesakademie in Weinheim, hält momentan kostenfreie Webinare für das Bäckerhandwerk: Gemeinsinn zeigen, auch seitens der ADB Weinheim, ist hier das Motto. In dem Webinar „Die Bäckerwelt nach Corona“ werden Chancen und Herausforderungen aufgezeigt.

Im 16. Seminar in dieser Coronazeit zeigt Bernd Kütscher auf, wie sich das Bäckerhandwerk momentan entwickelt und welche zukünftigen Lösungen es gibt, dabei bleibt für ihn klar: „Wir bleiben in diese Zeit flexibel.“ Das Bäckerhandwerk muss also reagieren auf aktuelle Begebenheiten und politische Entscheidungen. Dabei soll jeder Bäcker selbst entscheiden, was er in seiner Bäckerei momentan umsetzen kann: „Ich habe Impulse für euch“, sagt Bernd Kütscher. Dabei ist das Webinar nach den momentan wichtigen Leitfragen gegliedert, die wir hier aufnehmen möchten:
Wie sieht der Markt aktuell aus?
Die Landwirtschaft ist regional, aber auch das Bäckerhandwerk kann sich durch Regionalität auszeichen und ist systemrelevant. Man muss sagen: Die Bäcker haben gut reagiert: Hygienemaßnahmen werden umgesetzt, Plexiglaslösungen für Verkäuferinnen und der Fokus auf Brot wird gesetzt. Besondere Lösungen können sein, dass auch Mehl und Hefe seitens der Bäckerei verkauft werden mit einem passenden Backrezept kann die Verbindung zum Handwerksbäcker hergestellt werden. Auf Facebook kann ich wahrnehmen, dass es unterschiedliche Auswirkungen gibt: Viele Cafés sind geschlossen. Es gibt Umsatzeinbußen, aber es gibt auch Krisengewinner: Viele verkaufen mehr Brot, z.B. bis zu 1.500 Brote am Tag und 40% mehr Umsatz. Wie kann das erzielt werden? Was auffällt ist, dass vor allem die kleinen Vertriebsmärkte wichtig sind: Wochenmärkte funktionieren noch gut, ebenso der Verkauf aus kleinen Verkaufsmobilen auf den Dörfern. Meine Einschätzung sieht so aus: Krisengewinner sind Wochenmärkte, Vorkassenzone (Obwohl das langsam nach lässt, weil die Kunden weniger hamstern), Brotbäckereien, Verkaufsmobile und Landbäckereien, Krisenverlierer sind Bäckereien mit Liefergeschäft, Konditoreien mit Cafés, Bäckergastronomie und Snacks, Innenstadtlagen und Bäckereien in touristischen Gebieten.
Was kann zukünftig passieren?
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Verlängerung der momentanen Regelungen über den 20. April hinaus
  • 2. Welle der Coronainfizierten
  • Rezession
  • Beschleunigung des Rückgangs der Bäckereien.

Wie sieht die Bäckerwelt nach Corona aus?
„Hier kann ich nur eine Prognose abgeben, aber ich bin der Meinung, dass sich das Leben dauerhaft verändert. Das Leben wird NICHT einfach weitergehen wie vorher.“:

  • Sehnsucht nach Normalität
  • Arbeitswelt wird sich verändern (Homeoffice, Videokonferenzen)
  • Bewusster und im Einklang mit der Natur leben
  • Rückgang der Globalisierung. Hier ist dann auch die Frage: Wo kommen unsere Kürbiskerne her, wo die Sonnenblumenkerne und woher die Aprikosen? Hier müssen Lösungen her und die BÄKO wird sich Gedanken machen.
  • Der Wohlstand wird sinken und die Menschen werden preissensibler. In diesem Sinne wird es eine Preissegmentierung brauchen.
  • Alte und echte Werte werden wieder wichtig.
  • Wunsch nach Fähigkeit zur Selbstversorgung. Kochen und Backen werden gesuchte Skills. Hier kann man Backkurse anbieten und so zeigen, dass man ein echter Bäcker ist.
  • Es erlernen wieder mehr Menschen ein Handwerk
  • Renaissance von kleinen Bäckereien und echtem Handwerk
  • Es gibt wieder genügend Arbeitskräfte: Den Fachkräftemangel wird es nicht mehr geben. In der Reise- und Tourismusbranche werden viele Leute ihre Arbeit verlieren und (zurück) zum Handwerk wechseln.

Was jetzt zu tun ist

  • Gut informiert bleiben.
  • Jetzt Gemeinsinn zeigen: Z.B. Brot und Backwaren für Krankenschwestern und Ärzte kostenlos anbieten oder sogar mit Backwaren in die regionalen Krankenhäuser fahren. „Auch die ADB Weinheim zeigt mit dem kostenlosen Angebot der Webinare Gemeinschaftssinn in dieser Zeit.“
  • Positive Energie und Mut zeigen: „Ihr seid die Kapitäne auf den Schiffen.“ Durchhalteparolen nach innen und außen tragen, das sind die Botschaften, die es momentan braucht. Denn „Jammern hat noch nie geholfen.“
  • Haltbare Produkte anbieten, wenn die Kunden diese fordern, kann man sie auch anbieten: Halbgebackenes, Vollkornbrote oder auch Toast. „Wenn die Verbraucher momentan Toastbrot verlangen, sollten wir das nicht der Industrie überlassen.“
  • Ausgefallene Produkte, wie die Kuchen-Klopapierrolle, Coronamuffins etc.
  • Gutscheine als „Bäcker-Retter“ anbieten.
  • Traditionelle Herstellung, man verzichtet auf Zusatzstoffe, lange Fermentationszeiten etc. und das auch kommunizieren.
  • Wenn die Einnahmen sinken, Ausgaben reduzieren: Sortimentsstraffung, Kurzarbeit, Mietkürzungen beantragen: „Redet mit den Vermietern“, Stundungen beantragen, Reduzierung von Steuervorauszahlung, Notkredite und Zuschüsse nutzen Schließung unrentabler Bereiche und Filialen: „Günstige Vertriebsalternativen wird es brauchen“.
  • Lieferservice für Menschen in Quarantäne: „Brötchenjunge wieder aufleben lassen.“
  • Onlineshop ausbauen.

Abschließend sagt Bernd Kütscher: „Übrigens ein Lächeln ist (nicht) ansteckend." Eigentlich ist bzw sollte ein Lächeln ansteckend sein. In der momentanen Situation liegt der Unterschied allerdings zum Coronavirus. Im Gegensatz zum Husten, Niesen oder sonstige Anzeichen ist ein Lächeln nicht ansteckend und kann demnach nicht schaden. Ein Lächeln über die Verkaufstheke hinweg zum Kunden oder ein Lächeln zu den Mitarbeitern anstatt ein fester Händedruck oder einfach ein aufmunterndes Lächeln unter Kollegen, momentan kann ein einfaches Lächeln viel mehr sein! Und Kütscher ergänzt: "Jede Marktveränderung birgt Risiken, aber immer auch Chancen. Wir können uns jetzt gut aufstellen. Wir backen das! Wir haben eine Chance gestärkt aus der Krise hervor zugehen.“

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