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Die 65. AGF-Tagung für Bäckereitechnologie in Detmold hat gezeigt, dass die Backwarenherstellung in Zukunft von umfassendem Datenmanagement geprägt sein wird.
© Auch im 21. Jahrhundert birgt das Getreidekorn für die Wissenschaft immer noch neue Erkenntnisse – das hat die 65. Tagung für Bäckerei-Technologie, die vor kurzem in Detmold stattfand, wieder einmal unter Beweis gestellt. Die Vorträge aus der Forschungspraxis, die den über 300 Tagungsteilnehmern im Roemer-Haus auf dem Schützenberg geboten wurden, trafen sich oftmals in einem Aspekt: Seit Jahrzehnten etablierte Werte und Parameter wie Fallzahlen, Proteingehalte oder Sedimentationswerte liefern zwar Indizien für die Backeigenschaften der Rohstoffe Mehl und Getreide, aber sie bilden diese nur ansatzweise ab. Überraschende Korrelationen, die es bei den letzten Ernten des Öfteren gab – beispielweise enzymschwach aber gut backfähig – deuten darauf hin, dass Erklärungen für die spezifischen Eigenschaften von Getreideprodukten tiefer gesucht werden müssen. „Es kommt auf die Funktionalitäten des Rohstoffs Mehl an und nicht auf die Werte“ –  brachte Professor Klaus Lösche vom ttz Bremerhaven diesen Befund auf den Punkt. Neben den Vorträgen aus den Bereichen Rohstoffe und Technologie, die üblicherweise den Hauptteil der Tagung bildeten, zog sich auch noch ein anderes Thema wie ein roter Faden durch die Themenblöcke: die zukunftsgerechte Organisation des Wertschöpfungsprozesses in der Backwarenproduktion auf der Basis eines durchgängigen Datenmanagements. Eine branchenübergreifende Vision davon, wie sich produzierende Betriebe in 25 Jahren organisieren werden, zeichnete gleich zu Beginn der Tagung Professor Andreas Syska in seinem impulsiven Vortrag „Fabrik der Zukunft“. Der Fachmann für Produktionswirtschaft, der durch eine Beratertätigkeit bei einem großen österreichischen Backwarenhersteller einen Branchenbezug hat, erläuterte, dass die Produktionsstätte der Zukunft vollständig vernetzt und digitalisiert sein wird. Feste Organisationsstrukturen werden immer mehr verschwinden; permanenter Umbau und Flüchtigkeit werden den Alltag im Betrieb bestimmen. Umso wichtiger wird eine durchgängige Kommunikation aller Daten, welche die Produktion bestimmen (Mengen, Stückzahlen, Qualitäten, Eigenschaften, Abnehmer, Lieferorte etc.), in Echtzeit. Denn nur mit zutreffenden Informationen könne flexibles Reagieren und variables Planen, das beides immer wichtiger wird, bewerkstelligt werden. Grundsätzlich wäre auch heute schon in der Backbranche ein durchgehender Datenfluss von der Kasse in der Filiale bis zur Semmelanlage in der Produktion und darüber hinaus möglich. Das größte Hindernis, das dieser Entwicklung im Weg stehe, sei bisher die mangelnde Kompatibilität der Daten. Schnittstellen effizient nutzen
Diesen Aspekt beleuchtete der Vortrag „Produktdatenmanagement“ von Raphael Redder von der 1WorldSync GmbH. „Jeder Hersteller hat seine eigene Lösung" erläuterte Reder. „Es muss aber jeder mit jedem kommunizieren. Die Folge ist: Alle arbeiten händisch.“ Da aber die zu bewältigenden Datenmengen – Stichwort LMIV – immer größer werden, sollte eine Vereinfachungsmöglichkeit gefunden werden. Als mögliche Lösung präsentierte Redder eine herstellerübergreifende, definierte Schnittstelle auf der Basis des GTIN-Formats, die auch von den wichtigsten Bäckereisoftwareherstellern akzeptiert werden sollte. Mit diesem Instrument könnten dann „Rohstoffstammdaten in einem Format“ bereitgestellt werden. Als Zukunftsperspektive nannte Redder sogar eine „Maschine-zu-Maschine-Schnittstelle“. Rohstoff-Stammdaten könnten dann beispielsweise direkt vom Mehllieferanten an das Verwiegesystem der Bäckerei kommuniziert werden. In der Produktionshalle angelangt, setzt sich das Problem der mangelnden Datenkompatibilität derzeit aber in vielen Fällen fort – allerdings auf einer anderen Ebene: Nahezu alle Maschinen und Anlagen in einer Backstube verfügen mittlerweile über mindestens ein elektronisches Bauteil. Somit produzieren alle diese Aggregate vom Silo bis zum Ofen digitale Daten: Mengen, Stückzahlen, Temperaturen, Backzeiten etc. Die Erfassung, Darstellung und Nutzung dieser Informationen (z.B. zur Produktionsoptimierung) ist bisher aber meist sehr aufwändig. Den Vortrag „Weihenstephaner Standards für die Backwarenbranche“ präsentierte Clemens Döring von der TU München-Weihenstephan. Er zeigte unter dem Projekttitel „WS Bake“ eine Lösung zur Erarbeitung einer herstellerübergreifenden Schnittstelle, die Daten aus der Backwarenproduktion in einem einheitlichen Format an eine übergeordnete Firmenebene – sei dies nun eine Betriebs-Daten- Erfassung (BDE-System) oder ein breiter aufgestelltes System zur Produktionssteuerung (MES) – liefert. Dieses Datenformat ist der sog. „Weihenstephaner Standard“. Unter diesem Namen hat die TU München- Weihenstephan bereits ähnliche Daten-Schnittstellen für die Getränkeindustrie („WS Pack“) und die Fleisch-Branche („WS Food“) erarbeitet. Es handelt sich also „nur“ um die Adaption eines bereits bestehenden Datenstandards auf eine neue Branche. Döring rechnete deshalb auch mit raschen Projektfortschritten. Der Knackpunkt dürfte allerdings die Akzeptanz des Datenstandards auf der Seite der Maschinenhersteller sein. Einen ganz anderen Aspekt des Datentransfers von Maschinenherstellern zu Backbetrieben beleuchtete am Ende der Tagung schließlich noch Alexander Brunst von der Aachener Bitstars-GmbH in seinem Vortrag „Kostensenkung durch Einsatz mobiler Technologie in der Backwarenbranche“. Er zeigte auf, welche Möglichkeiten die Zurverfügungstellung von aktuellen Maschinen-Daten und Bedienungsanleitungen in intuitiv nachvollziehbarer Form auf mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones bieten kann. Durch adäquaten Einsatz dieser Technologien könnten laut Brunst etwa hohe Ausfallzeiten durch Maschinenstillstände und langsame Reparaturvorgänge erheblich reduziert werden. Das Thema einer umfassenden Erfassung und Verarbeitung von Daten innerhalb des Betriebes spielt aber auch eine zentrale Rolle in den Vorträgen von Professor Guido Ritter von der Fachhochschule Bielefeld und von Lisa Venhues von der Effizienz-Agentur NRW, die sich beide mit unterschiedlichen Aspekten der effizienten Ressourcen-Nutzung und der Reduzierung von Retouren in Backbetrieben befassten. 
Aus- & Weiterbildung

Funktionalität der Rohstoffe im Visier

Die 65. AGF-Tagung für Bäckereitechnologie in Detmold hat gezeigt, dass die Backwarenherstellung in Zukunft von umfassendem Datenmanagement geprägt sein wird.

Auch im 21. Jahrhundert birgt das Getreidekorn für die Wissenschaft immer noch neue Erkenntnisse – das hat die 65. Tagung für Bäckerei-Technologie, die vor kurzem in Detmold stattfand, wieder einmal unter Beweis gestellt. Die Vorträge aus der Forschungspraxis, die den über 300 Tagungsteilnehmern im Roemer-Haus auf dem Schützenberg geboten wurden, trafen sich oftmals in einem Aspekt: Seit Jahrzehnten etablierte Werte und Parameter wie Fallzahlen, Proteingehalte oder Sedimentationswerte liefern zwar Indizien für die Backeigenschaften der Rohstoffe Mehl und Getreide, aber sie bilden diese nur ansatzweise ab.
Überraschende Korrelationen, die es bei den letzten Ernten des Öfteren gab – beispielweise enzymschwach aber gut backfähig – deuten darauf hin, dass Erklärungen für die spezifischen Eigenschaften von Getreideprodukten tiefer gesucht werden müssen. „Es kommt auf die Funktionalitäten des Rohstoffs Mehl an und nicht auf die Werte“ –  brachte Professor Klaus Lösche vom ttz Bremerhaven diesen Befund auf den Punkt. Neben den Vorträgen aus den Bereichen Rohstoffe und Technologie, die üblicherweise den Hauptteil der Tagung bildeten, zog sich auch noch ein anderes Thema wie ein roter Faden durch die Themenblöcke: die zukunftsgerechte Organisation des Wertschöpfungsprozesses in der Backwarenproduktion auf der Basis eines durchgängigen Datenmanagements.
Eine branchenübergreifende Vision davon, wie sich produzierende Betriebe in 25 Jahren organisieren werden, zeichnete gleich zu Beginn der Tagung Professor Andreas Syska in seinem impulsiven Vortrag „Fabrik der Zukunft“. Der Fachmann für Produktionswirtschaft, der durch eine Beratertätigkeit bei einem großen österreichischen Backwarenhersteller einen Branchenbezug hat, erläuterte, dass die Produktionsstätte der Zukunft vollständig vernetzt und digitalisiert sein wird. Feste Organisationsstrukturen werden immer mehr verschwinden; permanenter Umbau und Flüchtigkeit werden den Alltag im Betrieb bestimmen. Umso wichtiger wird eine durchgängige Kommunikation aller Daten, welche die Produktion bestimmen (Mengen, Stückzahlen, Qualitäten, Eigenschaften, Abnehmer, Lieferorte etc.), in Echtzeit. Denn nur mit zutreffenden Informationen könne flexibles Reagieren und variables Planen, das beides immer wichtiger wird, bewerkstelligt werden. Grundsätzlich wäre auch heute schon in der Backbranche ein durchgehender Datenfluss von der Kasse in der Filiale bis zur Semmelanlage in der Produktion und darüber hinaus möglich. Das größte Hindernis, das dieser Entwicklung im Weg stehe, sei bisher die mangelnde Kompatibilität der Daten.
Schnittstellen effizient nutzen
Diesen Aspekt beleuchtete der Vortrag „Produktdatenmanagement“ von Raphael Redder von der 1WorldSync GmbH. „Jeder Hersteller hat seine eigene Lösung" erläuterte Reder. „Es muss aber jeder mit jedem kommunizieren. Die Folge ist: Alle arbeiten händisch.“ Da aber die zu bewältigenden Datenmengen – Stichwort LMIV – immer größer werden, sollte eine Vereinfachungsmöglichkeit gefunden werden. Als mögliche Lösung präsentierte Redder eine herstellerübergreifende, definierte Schnittstelle auf der Basis des GTIN-Formats, die auch von den wichtigsten Bäckereisoftwareherstellern akzeptiert werden sollte. Mit diesem Instrument könnten dann „Rohstoffstammdaten in einem Format“ bereitgestellt werden. Als Zukunftsperspektive nannte Redder sogar eine „Maschine-zu-Maschine-Schnittstelle“. Rohstoff-Stammdaten könnten dann beispielsweise direkt vom Mehllieferanten an das Verwiegesystem der Bäckerei kommuniziert werden. In der Produktionshalle angelangt, setzt sich das Problem der mangelnden Datenkompatibilität derzeit aber in vielen Fällen fort – allerdings auf einer anderen Ebene: Nahezu alle Maschinen und Anlagen in einer Backstube verfügen mittlerweile über mindestens ein elektronisches Bauteil. Somit produzieren alle diese Aggregate vom Silo bis zum Ofen digitale Daten: Mengen, Stückzahlen, Temperaturen, Backzeiten etc. Die Erfassung, Darstellung und Nutzung dieser Informationen (z.B. zur Produktionsoptimierung) ist bisher aber meist sehr aufwändig.
Den Vortrag „Weihenstephaner Standards für die Backwarenbranche“ präsentierte Clemens Döring von der TU München-Weihenstephan. Er zeigte unter dem Projekttitel „WS Bake“ eine Lösung zur Erarbeitung einer herstellerübergreifenden Schnittstelle, die Daten aus der Backwarenproduktion in einem einheitlichen Format an eine übergeordnete Firmenebene – sei dies nun eine Betriebs-Daten- Erfassung (BDE-System) oder ein breiter aufgestelltes System zur Produktionssteuerung (MES) – liefert. Dieses Datenformat ist der sog. „Weihenstephaner Standard“. Unter diesem Namen hat die TU München- Weihenstephan bereits ähnliche Daten-Schnittstellen für die Getränkeindustrie („WS Pack“) und die Fleisch-Branche („WS Food“) erarbeitet. Es handelt sich also „nur“ um die Adaption eines bereits bestehenden Datenstandards auf eine neue Branche. Döring rechnete deshalb auch mit raschen Projektfortschritten. Der Knackpunkt dürfte allerdings die Akzeptanz des Datenstandards auf der Seite der Maschinenhersteller sein.
Einen ganz anderen Aspekt des Datentransfers von Maschinenherstellern zu Backbetrieben beleuchtete am Ende der Tagung schließlich noch Alexander Brunst von der Aachener Bitstars-GmbH in seinem Vortrag „Kostensenkung durch Einsatz mobiler Technologie in der Backwarenbranche“. Er zeigte auf, welche Möglichkeiten die Zurverfügungstellung von aktuellen Maschinen-Daten und Bedienungsanleitungen in intuitiv nachvollziehbarer Form auf mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones bieten kann. Durch adäquaten Einsatz dieser Technologien könnten laut Brunst etwa hohe Ausfallzeiten durch Maschinenstillstände und langsame Reparaturvorgänge erheblich reduziert werden. Das Thema einer umfassenden Erfassung und Verarbeitung von Daten innerhalb des Betriebes spielt aber auch eine zentrale Rolle in den Vorträgen von Professor Guido Ritter von der Fachhochschule Bielefeld und von Lisa Venhues von der Effizienz-Agentur NRW, die sich beide mit unterschiedlichen Aspekten der effizienten Ressourcen-Nutzung und der Reduzierung von Retouren in Backbetrieben befassten. 

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