Bereits in den ersten Tagen des Krieges Rußlands gegen die Ukraine wurde Charkiw, die Heimatstadt der jungen Ukrainerin, angegriffen. Von den 1,5 Mio. Einwohnern flohen rund 1 Mio., unter ihnen auch Emilia Prytkina. Heute ist die Mosel-Region ihre neue Heimat geworden. In der Ukraine hatte sie 2010 ein dreijähriges Fernstudium mit dem Abschlussdiplom als „Juniorspezialistin Lebensmittelproduktion“ absolviert. Die Inhalte waren theorieorientiert, ergänzt durch selbständiges Praxislernen. Es folgte ein Besuch der Schokoladenakademie von Barry Callebaut im polnischen Lodz. Das war ihre Grundlage für eine mehrjährige Tätigkeit als Chef-Konditorin in einem Fünf-Sterne-Hotel in Charkiw. Die dort gewonnene Expertise gab sie als Dozentin für Süßwaren und Pralinen 2016 bei einem Süßwarengroßhändler in Zagreb (Kroatien) und zwischen 2017 und 2022 in einer Kochschule in Charkiw weiter.
Aus der Heimat vertrieben
Mit Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf ihre Heimat war es dann vorbei mit den süßen Dingen des Lebens – und dies im doppelten Sinn. Die Flucht führte Emilia Prytkina im Februar 2022 an die Mosel. In Cochem lernte sie durch die Flüchtlingsarbeit der Handwerkskammer (HwK) Koblenz das Beratungsangebot des IQ-Netzwerkes kennen. Das vom Bundesarbeitsministerium geförderte IQ-Projekt berät zu Möglichkeiten der Berufsanerkennung. Da Emilia Prytkina ihre langjährige Berufserfahrung nicht durch Zeugnisse belegen konnte, wurde zu einer sogenannten Qualifikationsanalyse geraten.
Zurück im alten Beruf
Vor wenigen Tagen hat sie im Zentrum für Ernährung und Gesundheit der HwK an zwei Arbeitstagen gezeigt, dass sie allen Anforderungen an eine Konditorin gewachsen ist: In zwölf Stunden musste sie zwei Torten, kleine Gerichte und Desserts, Teegebäck und Pralinen herstellen. Die Konditoren-Meister und Ausbilder der Handwerkskammer waren von den Ergebnissen überzeugt. Emilia Prytkina erhielt einen Bescheid über die Gleichwertigkeit ihrer Qualifikation im Beruf Konditor und kann nun auch in Deutschland als Konditorin arbeiten. Im Juli wird sie ihren Sprachkurs absolviert haben und kann dann in ihrem neuen, alten Beruf loslegen.
„Das ist nicht nur eine fachliche und menschliche Verstärkung des Handwerks in einem Beruf, der dringend Fachkräfte sucht“, freut sich Stefan Gustav als Experte für Qualifikationsanalyse bei der Handwerkskammer Koblenz. „Es geht natürlich auch um ein Stück Normalität und das Gefühl, in der neuen Heimat willkommen zu sein und gebraucht zu werden. Die berufliche Anerkennung spielt dabei eine ganz wichtige Rolle.“ Mehr Informationen zum Thema Fachkräfte aus dem Ausland, Anerkennung und Integration bekommen Interessierte bei der Handwerkskammer Koblenz bei Stefan Gustav, Tel. 0261/ 398-309 oder unter stefan.gustav@hwk-koblenz.de