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Auf vielen verpackten Produkten ist der Nutri-Score bereits zu finden.
© Heiko Zentgraf
BÄKO-magazin Titelbild Ausgabe 2-25
AllgemeinBonusinhalte

Was ist eigentlich der Nutri-Score? (Bonus-Inhalt)

  1. Allgemeines und zum „Rechentool“

Zur Berechnung des Nutri-Scores nach dem dahinterstehenden Algorithmus stehen Excel-Rechentools der Markeninhaberin Santé publique France (SpF) in französisch bzw. in englischer Sprache zur Verfügung – je nach Lebensmittelgruppe aktuell für General Foods, wozu Brot und Backwaren gehören, sowie gesondert für Red Meat, Cheese, Fats/Oils/Nuts/Seeds und Beverages. Das aktuelle Berechnungstool (mit Anleitungen) gibt es zum Download u.a. von der Webseite der RAL, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) offiziell als nationaler Regulator für den Nutri-Score in Deutschland benannt ist: www.ral-logolizenz.de/nutri-score.

In diesem Rechentool können die für den Nutri-Score relevanten Angaben aus der Nährwertdeklaration übernommen und eingetragen werden, woraus anschließend automatisch die Summenpunkte für das Lebensmittel berechnet werden sowie der daraus abzuleitende Score (von A–E) mit entsprechendem Farbcode angezeigt werden.

Im für Brot und Backwaren relevanten Rechentool „General Foods“ werden folgende Angaben berücksichtigt:

  • die als ungünstig eingestuften Inhaltsstoffe, die N(egative) Points ergeben: Energie (in kJ), Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz (in g/100 g)
  • die als günstig eingestuften Inhaltsstoffe, die P(ositive) Points ergeben: Ballaststoffe und Proteine (in g/100 g) sowie ggf. Früchte, Gemüse und Hülsenfrüchte (in %). Letztere sind jedoch nicht aus der Nährwertdeklaration übernehmbar, sondern aufgrund der Rezepturanteile zu berechnen. Für deren (rechnerisch etwas kompliziertere) Berücksichtigung beginnt die Skala allerdings erst bei 40 Zutaten-%, was bei Brot und Backwaren in aller Regel nicht der Fall ist. Weiterhin ist einschränkend zu beachten, dass die für Getreideprodukte meist günstigen Proteinpunkte nur dann mitzählen, wenn die Summe der ungünstigen N-Points unter 11 liegt.

Generell gilt, dass der Nutri-Score stets auf ein konkretes Lebensmittel mit seinen nährwertdeklarierten Inhaltsstoffe zu beziehen ist. Insofern sind die in der Tabelle dargestellten Rechenergebnisse nur Orientierungswerte für beispielhafte „Modell-Produkte“: Für diese wurden „fiktional“ die Durchschnittswerte aus der Nährwertdatenbank Bundeslebensmittelschlüssel (BLS) als Kalkulationsgrundlage verwendet – die tatsächlichen Nährwerte eines konkreten Lebensmittels bzw. einer Backware können anders sein, z.B. wenn diese (gemäß Artikel 31 der LMIV) „Durchschnittswerte nach einer Lebensmittelanalyse des Herstellers sind oder auf der Grundlage der bekannten oder tatsächlichen durchschnittlichen Werte der verwendeten Zutaten berechnet wurden.“ Allerdings eröffnet die LMIV auch die Möglichkeit, zur Nährwertdeklaration die „Berechnung auf der Grundlage von allgemein nachgewiesenen und akzeptierten Daten“ heranzuziehen, wozu nach lebensmittelrechtlicher Interpretation beispielsweise Durchschnittswerte aus deutschen Nährwert-Tabellenwerken (wie z.B. Bundeslebensmittelschüssel oder Souci-Fachmann-Kraut) zählen dürften.

  1. Alter vs. neuer Algorithmus

Zur Erklärung der Unterschiede zwischen den Nutri-Score-Einstufungen nach dem „alten“ Algorithmus (von 2020ff.) bzw. dem seit Januar 2024 eingeführten „neuen“ Algorithmus werden die Hintergründe ausführlich auf einer Webseite des BMEL erläutert:
www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/freiwillige-angaben-und-label/nutri-score/nutri-score-coen-berichte.html.

Daraus hier einige Schlüssel-Statements: „Zur Evaluation und Weiterentwicklung des Nutri-Score als einem evidenzbasierten rein wissenschaftlichen Ansatz haben die beteiligten oder interessierten Staaten innerhalb Europas ein Wissenschaftliches Gremium mit unabhängigen Expert(inn)en eingerichtet. Ihm obliegt die Zuständigkeit zur Evaluation des Algorithmus und die Vorlage möglicher Änderungsvorschläge. Über die vom Wissenschaftlichen Gremium vorgeschlagenen und auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Änderungen des Nutri-Score-Algorithmus soll die Aussagekraft des Nutri-Score weiter verbessert werden. Durch die Änderungen werden die Bewertungen der Nutri-Scores noch besser an die Aussagen der allgemeinen Ernährungsempfehlungen in den einzelnen Staaten angepasst, womit ein Kritikpunkt am alten Algorithmus aufgegriffen und behoben wird. Zudem können zahlreiche Lebensmittel nach dem weiterentwickelten Algorithmus besser nach den Gehalten an Zucker, Fett, Salz und Ballaststoffen differenziert werden.“

Zum neuen Algorithmus werden dabei zwei umgesetzte Folgerungen hervorgehoben:

  • „Striktere Anforderungen bei den Gehalten an Zucker und Salz führen dazu, dass Lebensmittel mit vergleichsweise hohem Zucker- und Salzgehalt, entsprechend den allgemeinen Ernährungsempfehlungen, weniger günstig eingestuft werden als bisher.“
  • „Ballaststoffreiche Vollkornprodukte können besser von ballaststoffärmeren Varianten unterschieden werden, da letztere im Schnitt eine weniger günstige Einstufung erzielen. Durch diese Änderung werden z.B. Brote künftig wesentlich differenzierter bewertet.“

Dazu wurden für den neuen Algorithmus konkrete Anpassungen bei der Bepunktung der berücksichtigten Nähr- und Inhaltsstoffe vorgenommen:

  • „Zucker: Absenkung des Referenzwertes für Zucker auf 90 g (entspricht der nach der LMIV vorgesehenen Referenzmenge für die tägliche Zufuhr an Zucker) und Erhöhung der Maximalpunktzahl für den Zuckergehalt auf 15 Punkte.
  • Salz: Ausschlaggebend zur Bepunktung des Salzgehaltes ist künftig der Gehalt an Salz und nicht wie bisher der Gehalt an Natrium, wodurch die Umrechnung von Natrium in Salz entfällt. Zusätzlich wird die Maximalpunktzahl für den Salzgehalt auf 20 Punkte erhöht.
  • Ballaststoffe: Anhebung des Referenzwertes für Ballaststoffe auf 30 g. Erhöhung des Mindestgehaltes an Ballaststoffen, der zur Punktevergabe vorliegen muss, auf 3 g (entspricht dem Gehalt, der nach der HCVO für die Vergabe des Claims „Ballaststoffquelle“ vorhanden sein muss).
  • Protein: Anhebung des Referenzwertes für Protein auf 64 g und Erhöhung der Maximalpunktzahl für den Proteingehalt auf 7 Punkte. Erhöhung des Mindestgehaltes an Proteinen, der zur Punktevergabe vorliegen muss, auf 2,4 g (entspricht dem Gehalt, der nach HCVO für die Vergabe des Claims „Proteinquelle“ vorhanden sein muss).“

Dadurch ergeben sich neue Maximalpunktzahlen von jetzt 55 für die N(egativ)-Punkte (gegenüber vorher 40) bei den als ungünstig einstuften Inhaltsstoffen, vornehmlich Zucker und Salz. Auf der anderen Seite erhöhen sich die maximal möglichen P(ositiv)-Punkte, jedoch insgesamt lediglich von 15 auf 17. Das führt bei Brot und Backwaren zu den dargestellten „Downgrades“ um zumeist eine Score-Stufe, was bei den Broten zumeist dem Salzgehalt geschuldet ist bzw. bei den Feinbackwaren dem Zucker.

Die minimalen Punktverbesserungen aus den Ballaststoffen konnten die zusätzlichen „Salz-Strafpunkte“ kaum ausgleichen. Allerdings mag die eine oder andere Rezept-Reformulierung eine Überlegung wert sein: So ließen sich z.B. bei Roggenmischbrot oder Roggenmischbrötchen (mit lt. BLS-Daten recht hohen Salzgehalten von 1,41 bzw. 1,48 g/100 g) mit einer nur leicht geringeren Dosierung auf einen Salzgehalt von 1,2 ein „Punktgewinn“ erzielen, der die Produkte wieder in den (hell-)grünen Bereich führt, bei einer weiteren Reduzierung auf 1,0 g Salz pro 100 g im Endprodukt sogar nach Dunkelgrün. Freilich bleibt dann abzuwägen, ob sensorische Qualität oder ein günstigerer Nutri-Score bei der Kundschaft mehr zählt …

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