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Brot aus Retouren sollte möglichst sinnvoll verwendet werden.
© Pixabay/Sabine Schulte
BÄKO-magazin Ausgabe 11-25 Titel
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Aus alt wird neu

Brot aus Retouren gezielt fermentieren, um daraus funktionelle Backzutaten mit ernährungsphysiologischem und technologischem Mehrwert herzustellen – damit beschäftigt sich ein Projekt an der Universität Halle-Wittenberg.

Brot gehört für den Großteil der Bevölkerung zum täglichen Speiseplan. Insgesamt werden in Deutschland jährlich etwa fünf Mio. Tonnen Brot- und Backwaren hergestellt. Gleichzeitig fallen beträchtliche Mengen an nicht verzehrten Produkten an. Etwa ein Drittel der hergestellten Backwaren geht verloren, als Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten und als sogenanntes Rest- und Rückbrot. Brote, die aus optischen Gründen oder Produktionsabweichungen nicht in den Verkauf kommen, bzw. Brote, die aufgrund fehlender Frische nicht mehr verkauft werden.

Bisher wird dieses überschüssige Brot oft auch außerhalb der Lebensmittelkette verwertet – etwa als Tierfutter, in Biogasanlagen zur Energiegewinnung oder zur Produktion von Bioethanol. Bei all diesen Ansätzen werden die noch genießbaren Produkte nicht mehr als Lebensmittel genutzt; zudem erfolgt die Weiterverarbeitung in der Regel außerhalb der produzierenden Betriebe. Zur Erhöhung der Wertschöpfung wäre es daher sinnvoll, Rest- und Rückbrot stärker in der Lebensmittelproduktion zu halten und zu hochwertigen Zutaten weiterzuverarbeiten. Genau hier setzt ein aktuelles Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) an, das vom FEI koordiniert und an der Universität Halle-Wittenberg durchgeführt wird. Die zentrale Idee: Rest- und Rückbrot wird nicht nur zerkleinert und neuen Teigen zugesetzt, sondern gezielt fermentiert, um daraus funktionelle Backzutaten mit ernährungsphysiologischem und technologischem Mehrwert herzustellen.

 

Spezielle Milchsäurebakterien werden verwendet

Laut den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck dürfen bis zu 20% hygienisch einwandfreies Brot wieder in Teigen verarbeitet werden. In der Praxis bleiben die Anteile meist deutlich darunter, da höhere Mengen die Qualität beeinträchtigen können. Im Projekt wird daher ein biotechnologischer Ansatz erprobt, der die heute üblichen Anteile anheben soll: Spezielle Milchsäurebakterien wandeln die in Brot enthaltene Stärke in Isomalto-/Malto-Polysaccharide (IMMPs) um, die im menschlichen Verdauungstrakt nur unvollständig verwertet werden und somit als gesundheitsförderliche Ballaststoffe wirken können. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass IMMPs neben den potentiell positiven Effekten auf die Darmgesundheit auch die Backeigenschaften verbessern können.

Das Forschungsteam untersucht, wie verschiedene Brotarten vorbehandelt und mit Starterkulturen kombiniert werden können, um die IMMP-Bildung zu maximieren. Dabei werden Parameter wie Temperaturführung, Enzymeinsatz und Starterkultur-Dosierung systematisch variiert. Ziel ist es, Sauerteige zu erzeugen, die sowohl einen hohen Ballaststoffgehalt als auch günstige technologische Eigenschaften aufweisen, sodass künftig 15% oder mehr Rest- und Rückbrot im Teig möglich sind – ohne Qualitätseinbußen und mit einem Plus für die Gesundheit. In praxisnahen Backversuchen werden die entwickelten Sauerteige in Weizen- und Weizenmischbroten getestet, die eine geringe Frischhaltung als auch einen geringen Ballaststoffanteil als Roggenbrot aufweisen. Neben sensorischen Aspekten, wie Geschmack und Textur, werden auch Volumen, Frischhaltung sowie der Ballaststoffgehalt erfasst. IMMP-reiche Sauerteige könnten dabei den Ballaststoffgehalt von Brot so weit erhöhen, dass sich der Nutri-Score verbessert, ohne dass sensorische Einbußen spürbar sind.

Für die stark von kleinen und mittleren Unternehmen geprägte Backwarenbranche kann dieser Ansatz gleich doppelt interessant sein: Er erlaubt es, Rohstoffkosten zu senken, indem Mehl teilweise durch fermentiertes Restbrot ersetzt wird und eröffnet zugleich neue Vermarktungschancen mit gesundheits- und nachhaltigkeits-orientierten Produkten. Nach Schätzungen könnten so bis zu 80% der bislang entsorgten Mengen an noch genießbarem Brot verwertet werden. Die erforderliche Technik für das Fermentationsverfahren ist vergleichsweise einfach und oft bereits vorhanden. Damit ist eine Umsetzung sowohl in Handwerksbetrieben als auch in Großbäckereien realistisch. Von den Ergebnissen profitieren nicht nur Bäckereien, sondern auch Hersteller von Backzutaten, die auf dieser Basis neue Starterkulturen entwickeln können.

 

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